Tools

Ideenentwicklung

Der einmalige Geistesblitz, der den künftigen Erfolg sichert, ist selten. Geschäftsideen sind eher Hypothesen, die getestet, verworfen und weiter entwickelt werden. Wie energisch und einfallsreich dieser Prozess angegangen wird, ist wichtiger als die Ursprungsidee. Dennoch muss zunächst eine Idee gefunden werden, die einen Gründer oder ein Team motiviert, zur Tat zur schreiten.

Geschäftsideen anschließend hinsichtlich ihrer Erfolgswahrscheinlichkeit zu bewerten, ist schwierig. Auch erfahrene Investoren sind sich untereinander oft uneinig, welche Idee Erfolg verspricht. Hilfestellung leistet hier das T-Modell zur Bewertung von Geschäftsmodellen.

preview

© Fotolia

Ideengenerierung

Kreativworkshops, Brainstorming-Sitzungen, Marktprognosen, systematische Patentrecherchen und direkter Technologietransfer gelten als typische Ansätze, um zu einer Geschäftsidee zu gelangen. Doch befragt man Gründer, stehen nur recht selten derartige Ansätze am Anfang eines neuen Unternehmens. Der entscheidende Impuls für eine Geschäftsidee kommt hier auch von anderer Seite.

Ungenutzte Ressourcen

Ressourcen sind eine wichtige Quelle von Geschäftsideen. Dabei kommen zunächst die Ressourcen in Betracht, über welche die Gründer bereits verfügen. Dies können materielle Ressourcen – ein Standort, finanzielle Mittel, ungenutzte Lager- oder Produktionskapazitäten – oder aber immaterielle Ressourcen unterschiedlicher Natur sein. Zu letzteren zählen spezifische Fähigkeiten, Branchenerfahrungen, Hobbies, die Begeisterung für einen bestimmten Markt, die eigene Reputation oder persönliche Netzwerke. Aus der Überlegung, wie diese Ressourcen genutzt werden können, entstehen Geschäftsideen. Mitunter bilden auch fremde Ressourcen, die nicht genutzt oder verschwendet werden, den Ausgangspunkt für eine Geschäftsidee.

Technologien

Wissenschaftler, die in nachhaltigkeitsrelevanten Bereichen wie etwa in der Energiespeicherung, der Wasseranalytik, den regenerativen Energien oder der Elektromobilität forschen, setzen diese mitunter in eigene Gründerprojekte um. Teilweise entstehen in der Peripherie der eigentlichen Forschungstätigkeit „Abfallprodukte“ mit kommerziellem Potenzial. Geschäftsideen entstehen aber auch dadurch, dass für bestehende fremde Technologien neue Geschäftsmodelle entwickelt werden.

Gesetzliches Umfeld

Veränderungen im regulatorischen Umfeld können ganz neue Märkte entstehen lassen. Dies kann die staatliche Förderung von regenerativen Energien umfassen, das Verbot oder die Freigabe bestimmter Produkte (z.B. herkömmliche Glühlampen in Europa). Der Umgang mit gesetzlichen Vorgaben selbst kann Bedarf an Dienstleistung in der Beratung und Weiterbildung entstehen lassen.

Gesellschaftliche Trends

Gesellschaftliche Trends, wie etwa der zur Individualisierung oder zum demografischen Wandel können eine Inspirationsquelle für Geschäftsideen sein. Dazu zählt etwa das Aufkommen der sogenannten „LOHAS“ ( Abkürzung für „Lifestyles of Health and Sustainability“: steht für Kundengruppen, die einen gesundheitsbewussten und nachhaltigen Lebensstil pflegen), die eine relevante Zielgruppe für viele grüne Gründungen sind.

Imitation

Die meisten Geschäftsideen entstehen durch Imitation. Imitationsstrategien beschränken sich jedoch nicht auf das schlichte Kopieren von Bekanntem. Es kann eine kreative, unternehmerische Leistung sein, Bestehendes in einen neuen technischen, kulturellen oder geographischen Kontext zu stellen. Generell hilft es, die Neuerung in der Start-up-Szene zu kennen, um eigene Ideen zu entwickeln. Viele Ideen zu grünen Gründungen sind dadurch entstanden, dass funktionierende Geschäftsideen adaptiert und speziell auf den Nachhaltigkeitssektor zugeschnitten worden sind. Nachdem sich das Modell des Crowdinvestings (Vermittlung von Kleininvestoren über das Internet) etabliert hatte, gründeten sich zum Beispiel rasch viele Crowdinvesting-Plattformen speziell für nachhaltige Start-ups (z.B. bettervest.de oder greenvesting.com).

Analogien

Geschäftsideen entstehen häufig aus der Bildung von Analogien. Bestimmte Praktiken oder Elemente eines Geschäftsmodells werden von einer auf die andere Branche übertragen. Dabei kann man nach dem Ähnlichkeitsprinzip vorgehen und sich Branchen anschauen, die vergleichbar mit dem relevanten Markt sind und daher ein großes Potenzial für fruchtbare Analogien bergen. Man kann aber auch nach dem Konfrontationsprinzip Analogien zu ganz entlegenen Branchen bilden, um zu völlig neuen Ideen zu gelangen. Wie in dem unten genannten Beispiel kann die Ideenfindung durch Analogiebildung auch direkt aus der eigenen praktischen Erfahrung resultieren.

Wahrgenommene Bedürfnisse

Die eigenen Bedürfnisse eines Gründers oder die aus seinem direkten Umfeld sind eine weitere häufige Quelle von Geschäftsideen. Probleme, die dem Gründer in seinem täglichen Leben begegnen und für die er eine Lösung findet, markieren den Startpunkt des Gründungsvorhabens.

Anomalien

Mitunter regt eine Anomalie die Neugierde des Gründers an. Erst im Prozess der Klärung ergibt sich eine Geschäftsidee, ohne dass dies ursprünglich beabsichtigt sein muss. Dies können zum Beispiel große Preisunterschiede zwischen verschiedenen Ländern sein oder Geschäftsprozesse, die komplizierter erscheinen als sie sein müssten.

Beispiele zur Ideengenerierung

Gesellschaftliche Trends ermöglichen Gründungsideen

Seit einigen Jahren ist der Begriff der LOHAS verbreitet. Dieser steht für „Lifestyles of Health and Sustainability“ und umfasst Personen, die einen ethisch korrekten und nachhaltigen Lebensstil verfolgen. Das Umwelt-, Gesundheits- und Konsumbewusstsein von LOHAS gilt als sehr ausgeprägt und sie sind bereit, mehr Geld für qualitativ bessere Produkte auszugeben. Kaufentscheidungen werden bei LOHAS aufgrund einer fundierten Recherche und eines werteorientierten Verständnisses getroffen. Dieser gesellschaftliche Trend bietet auch Raum für Unternehmensgründungen. Beispielsweise können LOHAS auf der Webseite wegreen.de die Nachhaltigkeitsaspekte von Produkten und Unternehmen recherchieren. Eine Ampel hilft bei der Einschätzung. Wegreen setzt auf renommierte Kooperationspartner aus dem Nachhaltigkeitssektor wie beispielsweise TransFair.

Eigene Bedürfnisse als Ideenquelle

GreenBox wurde von Will Walsh gegründet. In seinen College-Jahren hat Walsh mit seinen Kommilitonen gerne Football geschaut und dabei Pizza vom Lieferservice gegessen. Nach dem Spiel ärgerte er sich über die vielen Pizzakartons und die Stapel schmutzigen Geschirrs auf seinem Couchtisch. Daraufhin entwickelt er eine neuartige Pizzabox aus 100% recycelten Material. Der Deckel kann als Teller verwendet werden und der Unterboden als Verpackung für die Reste. Plastikverpackungen, Einweggeschirr usw. werden damit überflüssig.

Analogie zum Automobilmarkt

Ulrich Prediger hat einen Dienstwagen, der jedoch die meiste Zeit nur herumsteht. Er fuhr meistens mit dem Fahrrad zu seiner Arbeitsstelle, da er so schneller und umweltfreundlicher unterwegs war, aber sich gleichzeitig auch noch fit halten konnte. Für ein neues Fahrrad wollte der Arbeitgeber nicht aufkommen. So entstand die Idee, betriebliche Mobilität analog zum Auto auf das Fahrrad auszuweiten und sich als kompetenter Service- und Mobilitätspartner für Unternehmen und Kommunen rund um das Thema Leasing von Fahrrädern zu positionieren. LeaseRad bietet analog zum Leasing und Flottenmanagement von Automobilen für Unternehmen vergleichbare Services im Bereich Fahrradmobilität an. Das Angebot von LeaseRad umfasst Finanzierungs-, Beratungs- und Servicelösungen, und reicht bis hin zu Preisverhandlung mit lokalen Fahrradhändlern. Ziel von LeaseRad ist es, das (Elektro-)Fahrrad businesstauglich zu machen!

Was macht man aus der Ressource "Server-Abwärme"

Christof Fetzer, Professor für Informatik an der TU Dresden, beschäftigt sich seit Jahren mit dem Betrieb von Rechenzentren und deren Energiebedarf. Diverse Studien zeigen, dass die Energiebedarfe für den Serverbetrieb und für die Klimatisierung der Rechenzentren nahezu identisch sind. Christof Fetzer suchte daher nach einer Lösung, wie die Ressource Server-Abwärme sinnvoll genutzt werden könnte. Zusammen mit Dr. Jens Struckmeier, Physiker und Experte für Energieeffizienz, entwickelte sich die Idee, die Serverabwärme als Heizung einzusetzen. Wärme lässt sich aufgrund von Leitungsverlusten nicht effizient über große Strecken transportieren. Die auf den Server verarbeiteten Daten hingegen können ohne jegliche Leistungsverluste transportiert werden. Cloud&Heat, versorgt Immobilien mit Heizenergie und Warmwasser („Heat“) durch Nutzung der durch den Serverbetrieb („Cloud“) entstehenden Abwärme. Daten werden in dezentralen Rechenzentren verarbeitet und die entstehende Abwärme lokal am Bedarfsort erzeugt und genutzt.

Wie nicht genutzte Ressourcen den Ausgangspunkt für eine Geschäftsidee bilden

Kevin DeWhitt gründete die Agilyx Corporation, als er erkannte, dass Plastikmüll eine wertvolle Ressource ist, aus der Rohöl zurück gewonnen werden kann.

Ideenbewertung

Wie erkennt man eine gute Geschäftsidee? Eine Hilfestellung bietet hierzu das T-Modell.

preview

Der Prozess der Bewertung beginnt mit der Beurteilung des Kundennutzens (1) und des Wettbewerbs (2). Ein klar erkennbarer Kundennutzen ist Voraussetzung für jede weitere Analyse. Eine kurze Suchmaschinen-Anfrage ist oft schon ausreichend, um einen schnellen Überblick über den Wettbewerb zu gewinnen. Später kann der Wettbewerb detaillierter untersucht werden. Gibt es bereits einen stark ausgeprägten direkten Wettbewerb, schränkt dies die Erfolgschancen und das Wachstumspotenzial der Idee ein. Dabei stehen die Punkte Kundennutzen und Wettbewerb typischerweise in einem Spannungsverhältnis zueinander. Das bedeutet, wenn der Kundennutzen unstrittig ist, muss umso genauer geschaut werden, wie intensiv der Wettbewerb ist, und welche Vorteile die Idee gegenüber dem bestehenden Angebot bietet. Genauso muss bei fehlendem Wettbewerb kritisch hinterfragt werden, ob überhaupt ein Kundennutzen und damit ein Markt existiert. Erfahrungsgemäß erfüllen nur relativ wenige Ideen die ersten beiden Kriterien zugleich.

Hat eine Idee einen hohen Kundennutzen bei geringem Wettbewerb, ist zu hinterfragen, ob sie umsetzbar ist (3). Eine hochmobile, risikofreie Form der Energiespeicherung hätte zum Beispiel fraglos einen Nutzen und wäre derzeit ohne Wettbewerb. Die Frage ist nur, ob sie technisch machbar ist. Das gleiche gilt für die rechtliche oder anderen Dimensionen der Machbarkeit. Bei der Bewertung sind auch die finanziellen und zeitlichen Ressourcen der Gründer zu berücksichtigen.

Bereits an dieser Stelle sollte geprüft werden (4), ob die Idee tatsächlich nachhaltig ist. Dies umfasst die betriebswirtschaftliche Perspektive (Ist der Kundennutzen eine Modeerscheinung? Droht Imitationswettbewerb? Gibt es Weiterentwicklungspotenzial?), aber auch die ökologisch-soziale Perspektive. Welches ökologische oder soziale Problem löst die Idee und wie sind die Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft über den gesamten Lebenszyklus und die komplette Wertschöpfungskette betrachtet?

Eine nutzenstiftende Idee mag zwar umsetzbar sein, dies jedoch nicht profitabel (5). Liegen die grob geschätzten Kosten pro Produkt unter der erwarteten Zahlungsbereitschaft? Gilt dies auch wenn man die Vertriebskosten berücksichtigt? Adressiert die Idee einen regionalen Nischenmarkt oder einen globalen Massenmarkt? Auch die Frage, ob die gesamte Branche noch wächst, ist von Interesse. Denn selten bleibt eine Ideen während der Umsetzung unverändert. Je dynamischer sich das Marktumfeld entwickelt, desto höher die Chance, dass sich in der Nachbarschaft der Ursprungsidee attraktive Alternativszenarien finden lassen.

Der Gründer/das Gründungsteam muss sich (6) fragen, ob sich die Idee mit den eigenen Aspirationen und Fähigkeiten in Einklang bringen lässt. Zudem muss es untersuchen, ob es über alle notwendigen Kompetenzen verfügt oder diese über das eigene Netzwerk oder externe Zulieferer hinreichend ergänzen kann. Schließlich sollte es sich auch fragen, ob es überhaupt Interesse und Freude an der Umsetzung der Idee hätte.

Tipps

Was man bei der Ideengenerierung beachten sollte

  • Verfolgen Sie einfache Ideen. Eine gute Idee lässt sich meistens in zwei, drei Sätzen erklären.
  • Offenheit hilft bei der Umsetzung. Ein Gründungsvorhaben kann scheitern, weil die Idee geklaut wurde oder weil sie überhaupt nicht in die Tat umgesetzt wird und versandet. Erfahrungsgemäß ist das Risiko des Ideenklaus kleiner als das der Untätigkeit. Daher spricht vieles dafür, mit vertrauenswürdigen Partnern offen die eigene Geschäftsidee zu diskutieren.
  • Verlassen Sie sich nicht auf Marktprognosen. Gute Geschäftsideen werden relativ selten aus den Prognosen von Marktforschungsinstituten abgeleitet. Diese Prognosen sind z.T. sehr unzuverlässig und führen dennoch in oft bereits umkämpfte Märkte. Innovative Unternehmer versuchen mit ihren Ideen eher die Zukunft zu gestalten als sie vorauszusagen.
  • Ideen entwickeln sich im Gespräch. Daher sollten Gründer in der Ideenphase Kontakt zu Vertriebspartnern, Risikokapitalgebern, anderen Gründern, Rechtsanwälten, F&E-Experten oder natürlich auch potenziellen Kunden suchen.
  • Es gilt nicht: Je kreativer, desto besser. Das Motto mag helfen, Ideenwettbewerbe zu gewinnen, aber nicht unbedingt neue Märkte zu erschließen. Kreativität und grundlegend Neues sind nur dann relevant, wenn sie tatsächlich zu einem Wettbewerbsvorteil führen.

Was man bei der Ideenbewertung beachten sollte

  • Die genannten Kriterien der Evaluierung sind nicht als ein Katalog vollständig zu erfüllender Anforderungen zu lesen. Vielmehr sollen sie helfen, eine Idee aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. So wirkt der Test von Ideen positiv auf die Generierung neuer Ideen zurück.
  • Vertiefen Sie den Prozess der Ideenevaluierung nicht zu stark. Die Ideenevaluierung hilft, die vermutlich aussichtslosen Ansätze früh auszuschließen und interessante Ideen weiter zu entwickeln. Ob eine Idee wirklich erfolgversprechend ist, kristallisiert sich jedoch erst dann heraus, wenn erste Umsetzungsschritte eingeleitet wurden.

Verwendete Quellen

Aulet, B. (2013). Disciplined entrepreneurship: 24 steps to a successful startup. John Wiley & Sons.

Gassmann, O./ Frankenberger, K. & Csik, M. (2013). Geschäftsmodelle entwickeln: 55 innovative Konzepte mit dem St. Galler Business Model Navigator. München: Hanser Verlag.

Read,S./ Sarasvathy, S./ Dew, N./ Wiltbank, R. & Ohlsson, A. (2011). Effectual Entrepreneurship, London: Routledge.

Die Inhalte des Bereichs "Ideenentwicklung" wurden von unserem Partner Sirius Minds GmbH erarbeitet.

StartGreen ist das Online-Informations- und Vernetzungsportal für die grüne Gründungsszene in Deutschland. Hier informiert und vernetzt sich die grüne Gründungsszene (grüne Gründerinnen und Gründer, grüne Start-ups, grüne Investorinnen und Investoren und Finanzierende, nachhaltig orientierte Gründungszentren u.v.m.) um ihr Wissen und ihre Erfahrungen auszutauschen.

Dieses Projekt wurde gefördert durch
logos von 'Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz' und 'Nationale Klimaschutz Initiative'