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Erfolg und Scheitern grüner Innovationen

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Warum haben manche »grüne« Innovationen Erfolg und andere nicht? Wie verbreiten sich nachhaltige Ideen? Mit diesen Fragen beschäftigte sich das Forschungsvorhaben Diffusionspfade für Nachhaltigkeitsinnovationen des Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit aus Berlin. Es untersuchte über einen Zeitraum von 30 Jahren die Markteinführung und Verbreitung von 100 umweltentlastenden Produkt- und Serviceinnovationen – die Bandbreite reichte dabei von Biomilch bis zu Wärmenetzen.

„Neue Technologien und Erfindungen brauchen Unterstützung und breite Kooperationen, um sich möglichst schnell zu verbreiten“, erläutert Prof. Dr. Klaus Fichter, Leiter des Borderstep Instituts und Co-Autor des Buches „Erfolg und Scheitern grüner Innovationen“, das Fazit der Studie. Das gelte insbesondere, wenn es sich um eine Innovation handele, die sich auf dem Markt gegen etablierte Anbieter in diesem Bereich durchsetzen muss.

Dazu gehören zum Beispiel Produkte und Konzepte im Bereich IT wie energieeffiziente Server, aber auch Konsumprodukte wie Lebensmittel oder Kleidung. „In diesem Fall ist es wichtig, von Beginn an Allianzen zu schmieden, zum Beispiel mit den Kunden über Crowdfunding oder mit Unterstützung von Verbänden und Medien“, erläutert Klaus Fichter. Nur so können die Konsumenten von den Vorteilen der Innovation überzeugt werden.

In der Vergangenheit funktionierte das zum Beispiel mit MSC-Fisch oder Biomilch. Auch der innovative Kondom-Anbieter einhorn, Finalist im StartGreen Wettbewerb 2015, setzt mit Erfolg auf Crowd und mediale Inszenierung. Eine weitere Möglichkeit sei, sich mit einem etablierten Anbieter über Kooperationen stärker aufzustellen. „Wichtig ist, einen bereits besetzten Markt von Anfang an als Herausforderung zu erkennen und sich dennoch mit den eigenen Ideen nicht zu verstecken.“

 

Gründer als treibende Kraft der Green Economy

Treibende Kraft der Transformation hin zu einer Green Economy seien Gründer, betont Fichter. „Sie führen grundlegend neue Produkte und Dienstleistungen am Markt ein.“ Schwierig werde es dann, wenn die innovative Lösung von den Nutzern eine grundlegende Änderung des Verhaltens fordert. Oft zeige sich, dass bisher genutzte Technologien eine hohe Bindungskraft haben, zu beobachten zum Beispiel bei Elektrofahrzeugen. Hier könne eine Förderung der „grünen Pionieranbieter“ oder der innovativen Technologien helfen.

„Erfolgreiche Beispiele in den vergangenen Jahren sind Projekte im Bereich Energie wie die Nutzung von Windkraft oder Solarthermie, die zum Teil komplett neue Produktkategorien und Märkte generiert haben.“ Gutes Beispiel ist das Unternehmen sonnen, Gewinner des StartGreen Awards. Die Gründer entwickelten einen intelligenten Stromspeicher, der überschüssigen Solarstrom speichern kann und der direkt auf Privathaushalte abzielt.

Die Analyse zeigte auch, dass Verbesserungsinnovationen in erster Linie die Sache von etablierten Unternehmen sind. Dazu gehören zum Beispiel die Verbesserung der Energieeffizienz von Haushaltsgeräten wie Waschmaschinen oder Kühlschränken, die das eigentliche Funktionsprinzip jedoch nicht angreifen. Start-ups stellen diese jedoch infrage, wie das Beispiel Coolar zeigt, die Finalisten des StartGreen Awards waren. Die Gründer entwickelten einen Kühlschrank, der mit Warmwasser statt mit Strom kühlt – was insbesondere in Regionen mit instabiler Stromversorgung, aber viel Sonne sehr interessant ist.

„Für die Energiewende und die Ziele einer Green Economy bedeutet dies, dass man Neugründungen für die Entstehung grüner Leitmärkte bisher in ihrer Bedeutung deutlich unterschätzt hat“, konstatiert Klaus Fichter. In Zukunft müsse man die Pioniere in Form leitmarktorientierter Gründerförderung stärker unterstützen.

 

Förderung von grundlegenden Innovationen als Aufgabe des Staates

Die Rolle des Staates zeige sich deutlich bei der Energiewende, sagt Dr. Jens Clausen, Senior Researcher des Borderstep-Instituts und Mitverfasser des Buches „Erfolg und Scheitern grüner Innovationen“. Das erfolgreiche EEG hätte zur Verbreitung von Windkraft und Photovoltaik geführt. Jetzt werde der Netzausbau und der Aufbau von Speicherkapazitäten vorangetrieben.

Doch ungetrübt sei das Bild deshalb nicht. „Die Wärmeversorgung ist das Stiefkind der Energiewende. Die Politik konzentriert sich zu einseitig auf die Stromversorgung. Um die Ziele der Energiewende zu erreichen, ist die Versorgung der Industrie mit Prozesswärme und der Wohnungen mit Raumwärme und Warmwasser ebenso wichtig.“

Eine der Herausforderung bei der Verbreitung von Innovationen auf dem Wärmemarkt sei, dass sich neue Infrastrukturen wie Wärmenetze, aber auch die meisten anderen Wärme- und Kältetechnologien nur sehr langsam rentieren, betont der Wissenschaftler. „Dafür braucht es bessere Rahmenbedingungen. Den meist kleinen Pionieranbietern gelingt es aber nicht, die Rahmenbedingungen durchzusetzen.“ Jens Clausen sieht deshalb nationale Masterpläne und ein kooperatives Roadmapping in Zusammenarbeit von Staat, Verbänden, Unternehmen und Wissenschaft als eine Möglichkeit, diese Frage zu lösen. „Das könnte zur Förderung der Verbreitung von Schlüsselinnovationen der Wärmeversorgung dienen.“

Der Präsident des Wuppertal Instituts für Klima Umwelt Energie, Prof. Dr. Uwe Schneidewind, sieht eine Diskrepanz bei den Ausgangsvoraussetzungen von verschiedenen Innovationen am Markt. „Technologische Innovationen brauchen kapitalkräftige Unternehmen und ein leistungsfähiges Forschungssystem. Soziale Innovationen basieren ausschließlich auf Erfindungsgeist.“ Jede Nachbarschaftsinitiative oder Solargenossenschaft sei eine solche soziale Innovation. Hier könne der Malermeister genauso mitmachen wie die Zahnärztin.

Für eine erfolgreiche Transformation in eine Green Economy braucht Deutschland also nicht nur neue Technologien und Erfindungen, sondern auch deren rasche Verbreitung. Über die steuerliche Förderungen oder Label hinaus bietet die Kooperation mit großen wie kleinen Anbietern vielfältige Möglichkeiten, die Markteinführung und Diffusion von Innovationen zu beschleunigen.

 

Öffentlichkeit durch Wettbewerbe

Unterstützung bei der Verbreitung ihrer Technologien und Erfindungen erfahren grüne Gründer auch durch Wettbewerbe und die dadurch geschaffene Öffentlichkeit. So verlieh die Gründerinitiative StartUp4Climate im November 2015 zum ersten Mal den StartGreen Award. Der Preis zeichnet innovative Gründungskonzepte, Unternehmen und Gründungsförderer aus, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen einen Beitrag zum Klimaschutz und zum umweltverträglichen Wirtschaften leisten.

Ein wichtiges Kriterium für die Wahl der Gewinner war dabei nicht nur, welche ökologischen Vorteile ihr Produkt oder ihre Dienstleistung zu bieten hat, erläutert Klaus Fichter, der als Juryvorsitzender die Preisträger des StartGreen Awards mit auswählte. „Entscheidend für uns war auch, dass wir echte Innovationen auszeichnen, die für die grüne Gründercommunity in Deutschland Vorbildcharakter haben.“ Denn Vorbilder helfen der gesamten Community – und somit langfristig der Durchsetzung von wirklichen Innovationen am Markt.

StartGreen ist das Online-Informations- und Vernetzungsportal des Borderstep Instituts für die grüne Gründungsszene in Deutschland. Hier informieren und vernetzen sich grüne Gründerinnen und Gründer, grüne Start-ups, grüne Investorinnen und Investoren und Finanzierende, nachhaltig orientierte Gründungszentren u.v.m. um ihr Wissen und ihre Erfahrungen auszutauschen.

Dieses Projekt wurde gefördert durch
logos von 'Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz' und 'Nationale Klimaschutz Initiative'