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Coolar im Interview

Redaktion


Coolar: Stromnetzunabhängiger Kühlschrank mit alternativer Kühltechnologie

 

Wie kam Ihnen die Idee zu Ihrem Projekt?

Julia Römer beschäftigte sich bereits im Studium mit alternativen Kühltechnologien und entwickelte in ihrem Ingenieurspraktikum ein Patent im Bereich der industriell genutzten Adsorptionskältetechnologie. Die Teilnahme an der Summer School eines EU Clean-Tech Innovationsnetzwerks 2012 inspirierte sie dazu, die Adsorptionskältetechnologie auf die Anwendung an Kühlschränken zu adaptieren. Nachdem sie mit dem dazu ausgearbeiteten Konzept den Preis der Expertenjury gewann, untersuchte sie in ihrer Masterarbeit die technische Machbarkeit. Im Anschluss stellte Julia ein Team zur Umsetzung ihrer Idee zusammen und initiierte so das Start-up Coolar.

 

Wer hat Sie dabei unterstützt?

Maßgeblich wird und wurde Coolar unterstützt durch die Fachgebiete Maschinen- und Energieanlagentechnik sowie Konstruktion von Maschinensystemen der Technischen Universität Berlin. Darüber hinaus unterstützt das Gründungszentrum der Universität Oldenburg gemeinsam mit den Lehrstühlen und Arbeitsbereichen Entrepreneurship, Female Entrepreneurship und Innovationsmanagement und Nachhaltigkeit unser Gründungsprojekt. Hinzu kommen die Berliner Inkubatoren EIT Climate-KIC Accelerator und Social Impact Lab. Das EIT Climate-KIC Accelerator Programm unterstützt Start-ups mit nachhaltigen und klimaschonenden Technologieinnvotationen, das Social Impact Lab fördert sozial innovative Projekte, die eine positive Wirkung auf die Gesellschaft haben.

 

Welche Geldquellen haben Sie gesucht? Wie konnten Sie Investoren überzeugen?

Bisher hat sich Coolar durch öffentliche Gelder zur Innovationsförderung sowie durch Eigeninvestitionen der Teammitglieder finanziert.

 

Zur Sicherung der Unterstützung aus öffentlichen Innovationsfördergeldern musste Coolar regelmäßig in Konkurrenz zu anderen Projekten sowohl das Gründungskonzept, als auch den Fortschritt bei dessen Umsetzung präsentieren. Präsentationsmedium war dabei in der Regel der gängige Start-up Pitch, der vom Coolar Team dank der kontinuierlichen Verbesserung und Prüfung der Inhalte, sowie insbesondere Julias Präsentationserfahrung aus diversen Ehrenämtern hervorragend umgesetzt wird.

 

Dank der erfolgreichen Kommunikation des hohen Potenzials von Coolar zur Verbesserung der Gesundheitsinfrastruktur in Entwicklungsregionen, der Energieeffizienz durch das Anzapfen von ungenutzten Wärmekapazitäten, sowie der Vermeidung schädlicher Substanzen im Kühlsystem konnten wiederholt Investoren und Unterstützer überzeugt werden. Darüber hinaus konnte das Team von Coolar seine Kompetenz durch die stetige Weiterentwicklung und den Testbetrieb erster Prototypen demonstrieren. Durch das Knüpfen wichtiger Partnerschaften mit großen Kühlschrankherstellern, aber auch mit ersten potenziellen Großkunden, konnten zusätzlich Nachweise zum Interesse des Marktes an Coolars Technologie erbracht werden.

 

Welche Herausforderungen sehen Sie an Ihrem Beispiel für grünes Gründen in Deutschland?

Hardware und Clean-Tech sind bereits in der frühen Prototypenentwicklung sehr kostenintensiv. Allerdings gibt es in Deutschland wenige Investoren, die bereits in dieser Frühphase investieren.

Derzeit gelingt es Coolar trotz beschränkter Geldmittel in Zusammenarbeit mit Universitäten und durch EU Gründungsförderung die Prototypenentwicklung voranzutreiben. Mittelfristig sind jedoch größere Summen beispielsweise zur Finanzierung von Feldtests und einer Kleinserie notwendig. Das Preisgeld des StartGreen Award wäre hierfür ein Anfang, zusätzlich sucht Coolar jedoch nach Investoren, die bereit sind, uns als Hardwareprojekt mit dem notwendigen Kapital zu unterstützen.

 

Was leistet Ihr Projekt für den Klimaschutz? Wie trägt es zum Wandel in der Gesellschaft bei?

Der Coolar Kühlschrank ermöglicht es, bisher ungenutzte Wärmekapazitäten aus günstigen und klimafreundlichen Wärmequellen wie Solarthermie, Fern- und Abwärme anstatt Elektrizität zum Betrieb eines Kühlprozesses zu nutzen. Somit können 60% der üblicherweise anfallenden CO2- Emissionen sowie 75% der Betriebskosten eingespart werden.

 

Dazu nutzt Coolar den Adsorptionskälteeffekt basierend auf Silicagel und Wasser in einem Unterdrucksystem. Dieses Kühlsystem kühlt ohne schädliche Kälte- und Schmiermittel, sowie ohne Batterien oder bewegliche Verschleißteile. Dies resultiert in einem langlebigen Kühlgerät, das zum Ende seiner Lebenszeit, anders als übliche Kühlgeräte, nicht als Sondermüll zu behandeln ist. Dies ist sowohl für Haushalten mit günstigen Wärmequellen in industrialisierten Ländern ein reizvolles Angebot, als auch für Gegenden, in denen das Coolar System stromunabhängige Kühlung überhaupt erst ermöglicht.

 

Kühlschränke, die mit der Technologie von Coolar ausgestattet sind, können eine verlässliche und günstige medizinische Grundversorgung in Gebieten ohne sichere Stromversorgung bereitstellen. Mittelfristig strebt Coolar daher einen "kauf einen, spende einen"-Ansatz an, der den sozialen Mehrwert vor allem für Entwicklungsregionen auch im Geschäftsmodell verankert. Hierfür kooperiert Coolar bereits mit entsprechenden Hilfsorganisationen.

 

Welches Geschäftsmodell steckt hinter Ihrem Vorhaben?

Coolar verkauft – nach abgeschlossenem Prototyping – medizinische Kühlschränke mit einem alternativen Kühlsystem an Entwicklungsorganisationen und nationale Gesundheitsbehörden. Die Auslieferung an den Einsatzort übernehmen deren zentrale Logistikabteilungen. Derzeitiger Durchschnittspreis von WHO zertifizierten off-grid-tauglichen Medizinkühlschränken liegt bei etwa 4000 EUR. Coolar wird sich nicht nur durch weit robustere und langlebigere Geräte, sondern durch die Besonderheiten des Technologieansatzes mit einem signifikanten Kostenvorteil vom Wettbewerb abheben.

 

Innovativer Aspekt des Geschäftsmodells von Coolar ist, dass in der langfristigen Planung nicht nur Verkauf von medizinischen Geräten an Entwicklungsorganisationen und nationale Gesundheitsbehörden zur Versorgung netzferner Regionen stattfinden soll. In Kooperation mit einem Hausgerätehersteller wird Coolar den Marktzugang zu Haushaltskühlgeräten in industrialisierten Ländern erhalten und so Haushaltskühlschränke mit Coolar Technologie und einem "kauf einen, spende einen"-Vermarktungskonzept absetzen. Die erzielten Erlöse sollen der Finanzierung von Coolar Medizinkühlschränken für Entwicklungsprojekte dienen.

 

Was ist dabei Ihr Alleinstellungsmerkmal?

Bisher gibt es keine anderen Anbieter von Kühlschränken, die statt mit Strom mit 60°C Wärme betrieben werden - weder im Markt für stromnetzunabhängige (Medizin-)Kühlgeräte, noch für Haushaltskühlschränke.

 

Es gibt zwar mit Photovoltaik betriebene Kühlschränke für Off-Grid-Anwendungen, diese benötigen jedoch meist teure, umweltschädliche und kurzlebige Batterien. Dieses Problem löst Coolar, da lediglich ein isolierter Tank als Wärmespeicher benötigt wird.

Aufgrund seiner technologischen Merkmale ist ein Coolar Kühlgerät ohne schädliche Substanzen oder bewegliche Teile weit langlebiger, robuster und verlässlicher sowie ökologisch nachhaltiger und günstiger als jegliche konkurrierenden Systeme für den Off-Grid-Betrieb.

 

Für die Anwendungen in Haushalten mit günstigen Wärmequellen wird Coolar einerseits durch den günstigeren Betrieb, andererseits durch die Nachhaltigkeit des Produkts und der Technologie, sowie den sozialen Aspekt der Bereitstellung von Medizinkühlung in Entwicklungsregionen herausstechen. Selbst im Szenario mit deutschem Jahreszeitenwechsel und im Winter unterstützenden Brennwertkessel ist Coolar günstiger als ein marktüblicher A+++ Kompressionskühlschrank.

 

Welchen Tipp haben Sie für Gründerinnen und Gründer in der Green Economy?

Durchbeißen, nicht aufgeben, an die Sache glauben. Häufig sind Clean-Tech Gründungsprojekte in der Green Economy kapitalintensiver als die üblichen digitalen Start-up Erfolgsgeschichten. Damit stößt man in der Start-up Szene häufig auf Skepsis, gerade bei solchen Investoren, die marketingintensive B2C Softwarelösungen gewohnt sind. Lasst euch davon nicht entmutigen, insbesondere Kooperationen mit Universitäten und anderen öffentlichen Einrichtungen können sehr fruchtbar sein und die frühe Prototypenphase gut überbrücken. Spätestens dann, kann es auch ein Vorteil sein, weil man Interessenten für "etwas zum Anfassen" begeistern kann.

 

Warum wollen Sie den StartGreen Award 2015 gewinnen?

Mit dem Preisgeld des StartGreen Award könnte Coolar beginnen, erste Feldtests für die wärmebetriebenen Medizinkühlschränke in Pilotprojekten realisieren. Durch die positive Aufmerksamkeit im Rahmen des Awards erhofft sich Coolar zudem Kontakte zu potenziellen Investoren, die interessiert sind, das Projekt bei der Finanzierung einer Kleinserienproduktion zu unterstützen.


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