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Solaga im Interview

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Solaga: Produktion von Biogas aus Algen und Bakterien

 

Wie kam Ihnen die Idee zu Ihrem Projekt?

Während der Masterarbeit hat der Gründer Benjamin Herzog zum ersten Mal von der Produktion von Biogas mittels Algen und methanogenen, d.h. methanproduzierenden Bakterien gehört. Es war schon länger bekannt, dass methanogene Bakterien organische Säuren als Kohlenstoffquelle nutzen können. Er übertrug diese Idee auf Cyanobakterien, die in heimischen Seen vorkommen, damit eine spätere Anwendung in den hiesigen Breitengraden möglich ist.

An der Oberfläche der heimischen Seen wird Biomasse produziert, die am Grund verbraucht wird. Diese Erkenntnis legte den Grundstein für die Idee, Biogas durch die funktionsverwandten und deutlich robusteren Cyanobakterien zu produzieren. Die Verwendung von Cyanobakterien hat vor allem auch den Vorteil, dass diese Licht auch im Schwachlichtbereich absorbieren und damit Pflanzen und vor allem Algen überlegen sind, die diesen Bereich nicht nutzen können (sog. „Grünlücke“).

Das Team Solaga, das neben dem Biochemiker Benjamin Herzog aus dem Biotechnologen Johann Bauerfeind und dem Verfahrenstechniker Yannick Boldt besteht, konnte dann schnell gefunden werden.

 

Wer hat Sie dabei unterstützt?

Unterstützt werden wir von den Fachmentoren Univ.-Prof. Dr. Christoph Arenz, Univ.-Prof. Dr. Martin Hagemann, Univ.-Prof. Dr. Bernhard Grimm und FH.-Prof. Anja Paschedag. Weiterhin unterstützen das Team die Biokonversionsexperten Jörn Beheim-Schwarzbach und Boris Habermann vom Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte der Humboldt-Universität.

In der Produktions- und Vermarktungsphase wird das Team von Carsten Eckert von der ATL GmbH unterstützt werden. Er ist zugleich Investor und Experte im Bereich Vermarktung von Biogasaufbereitungsanlagen. Erfahrungen in diesem Bereich bringt er aus seiner Zeit als Chief Operating Officer bei der Malmberg Bioerdgastech GmbH mit ins Team.

Die Humboldt Innovation, die den Forschungstransfer an der Humboldt Universität durchführt, unterstützte das Team während der EXIST-Zeit. Während dieser Zeit konnte das Team ein Labor einrichten und mit der Produktentwicklung beginnen.

 

Welche Geldquellen haben Sie gesucht? Wie konnten Sie Investoren überzeugen?

Prof. Grimm vermittelte den Kontakt mit Volker Hofmann, den Leiter der Humboldt Innovation. Dadurch wurde das Team an die EXIST-Förderung herangeführt. Mit Hilfe der EXIST-Förderung konnten die grundlegenden Strukturen des Unternehmens etabliert werden. Weiterhin wurde das Netzwerk von interessierten Investoren erweitert. Dazu trugen der Gewinn des Impact Academy Climate-Awards und der zweite Platz beim GreenTec-Preis bei. In der Folge meldeten sich beim Unternehmen die Investitionsabteilung des Anlagenbauers GICON und Herr Eckert von der ATL-GmbH. Weiterhin konnte der Kontakt mit Herrn Andreas Kuhlmann von der DENA hergestellt werden.

 

Welche Herausforderungen sehen Sie an Ihrem Beispiel für grünes Gründen in Deutschland?

Zu den größten Herausforderungen für Grünes Gründen in Deutschland zählt die Risiko-Aversion vor grünen Technologien bei Investoren und Fördermittelgebern. Dahinter steckt die Ansicht, dass grüne Technologien zu risikobehaftet sind, um darin zu investieren. Hinzu kommt die Angst vor zu langen Entwicklungszeiten. Es wird unserer Ansicht noch dauern, bis alle von der Notwendigkeit und den Chancen vollends überzeugt sind.

Die mangelnde Geduld ist beispielsweise an den überstürzten Förderungen von Elektrofahrzeugen zu sehen, die keinen relevanten Beitrag zur Umweltschonung beitragen werden.

Außerdem ist die Vielzahl an Regularien, die in Deutschland bei der Einführung von grünen Technologien beachtet werden müssen, ein Hindernis. Diese Regularien betreffen Bauvorschriften, Biogasnormen, Mikroorganismen und nicht zuletzt die Laborsicherheit. In Teilen sind die Regeln berechtigt, in vielen Teilen jedoch auch noch ihrer Zeit hinterher.

 

Was leistet Ihr Projekt für den Klimaschutz? Wie trägt es zum Wandel in der Gesellschaft bei?

Derzeit existiert kein kommerzielles Produkt, welches es Privatpersonen und kleinen gewerblichen Einheiten ermöglicht, selbständig, unabhängig, wirtschaftlich und klimafreundlich ausreichend Wärme zur Eigenversorgung zu produzieren und effektiv zu speichern.

Die von solaga entwickelte Technologie bringt die Erzeugung regenerativer Energien zum Endverbraucher und gibt ihm dadurch die Macht, eigenverantwortlich über den ökologischen Einfluss seines Daseins zu entscheiden. Der Einsatz von dezentralen Speichern stabilisiert das Energienetz und erhöht die Anschlusskapazitäten für den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien. Weiterhin ermöglicht es dem Verbraucher, Unabhängigkeit gegenüber Lieferanten und damit gegenüber Preisschwankungen am Markt aufgrund politischer Krisen oder Fehlwirtschaft zu erlangen.

 

Welches Geschäftsmodell steckt hinter Ihrem Vorhaben?

Das Geschäftsmodell beruht auf der Produktion und dem Verkauf der Solargasanlagen. Die Installation und die Wartung der Anlagen werden durch die Installationspartner vorgenommen, wobei die für die Wartung notwendigen Bakterien wiederum in der firmeneigenen Produktionsstätte bereitgestellt werden. Die Installationspartner werden dabei als Auftragnehmer von solaga agieren, so dass der Käufer alles aus einer Hand bekommt. Bei Problemen stellt solaga den Kontakt zu den Installationspartnern her, die ab diesem Zeitpunkt gegebenenfalls übernehmen. Der Preis der kleinsten Anlage wird zu Beginn bei ca. 10.000 Euro liegen und nach Qualitätsverbesserungen steigen. Die Wartung (Austausch der Bakterien) wird den Käufer jeweils 400 Euro kosten und einmal im Jahr stattfinden.

 

Was ist dabei Ihr Alleinstellungsmerkmal?

Derzeit wird Biogas aus der Vergärung von Pflanzen gewonnen, die auf Feldern zuvor energieintensiv und wasserverbrauchend kultiviert und geerntet werden müssen. Die dabei benutzte Fläche steht in direkter Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion und das entstehende Biogas muss noch zum Endverbraucher transportiert werden. Darüber hinaus ist das durch die Vergärung der Pflanzen und auch Algen gebildete Biogas verunreinigt durch Stickoxide, Ammoniak und Schwefelverbindungen. Bis jetzt gibt es kein System mit lebenden Organismen in privaten Haushalten, welches zur Energieerzeugung genutzt wird. Damit verfügt das Produkt von solaga über ein bedeutendes Alleinstellungsmerkmal. Da die Organismen gentechnikfrei sind, ist ein Einsatz in privaten Haushalten überhaupt erst möglich.

Die Technologie ist den zu meist zentralen Energieerzeugungsmethoden der heutigen Zeit überlegen (Tab. 1). Dabei ist ein wichtiger Faktor, dass Biogas als Energieträger für die Eigenversorgung am besten geeignet ist, da es klimaneutral verbrennt und am einfachsten speicherbar ist.

 

 

Energiesystem

Speicherbarkeit

Nachhaltigkeit

Unabhängigkeit*

Solarstrom (PV)

Nein

Ja

Hoch

Erdöl

Ja

Nein

Gering

Erdgas

Ja

Nein

Nein

Geothermie

Nein

Ja

Nein

Solarthermie

Nein

Ja

Hoch

Solaga Biogas

Ja

Ja

Hoch

 

Tabelle 1: Derzeit existierende Wärmeproduktionssysteme für Privathäuser. *Als Unabhängig verstehen sich die Unabhängigkeit von Standort (Geologie, Nähe zu Energienetzen etc.), Ressourcenlieferungen und Marktpreisschwankungen.

 

Welchen Tipp haben Sie für Gründerinnen und Gründer in der Green Economy?

Für Gründer in der sogenannten Grünen Wirtschaft ist es wichtig, neben dem Individualnutzen des Produkts den Gemeinschaftsnutzen hervorzuheben. Wir leben in einer Zeit, in der die Atmosphäre vor einer globalen Erwärmung steht, die Meere von Plastik überflutet werden und in manchen Städten das Herausgehen nur noch mit Schadstoffmasken möglich ist.

Es gibt also genügend Ansatzpunkte, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit die Umwelt zu schonen, und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Dabei sind Umwelttechnologien nicht mehr Bremspunkte für die konventionelle Industrie. Sie sind vielmehr Bestandteile einer neuen Grünen Ökonomie. Hier muss der Gründer eintauchen und die richtigen Strukturen, die sich mittlerweile herausbilden, finden und nutzen.

 

Warum wollen Sie den StartGreen Award 2016 gewinnen?

Der StartGreen Award ist nicht einfach nur ein Preis, bei dem eine Jury über die Bewerbung der Einreicher entscheidet. Es ist vielmehr ein Preis, bei dem eine Gemeinschaft aus Grünen Gründern und Grünen Fanatikern mitwirkt und somit dem einzelnen Gründer eine herausragende Rückkopplung für sein Projekt geben kann. Wenn man den Preis am Ende gewinnt, kann man sich sicher sein, dass nicht nur Manager, die vor allem auf die nackten Zahlen achten, an der Idee interessiert sind, sondern auch Menschen wie du und ich, die aus anderen Gründen der Meinung sind, dass die Idee weitere Unterstützung erfahren soll.

StartGreen ist das Online-Informations- und Vernetzungsportal des Borderstep Instituts für die grüne Gründungsszene in Deutschland. Hier informieren und vernetzen sich grüne Gründerinnen und Gründer, grüne Start-ups, grüne Investorinnen und Investoren und Finanzierende, nachhaltig orientierte Gründungszentren u.v.m. um ihr Wissen und ihre Erfahrungen auszutauschen.

Dieses Projekt wurde gefördert durch
logos von 'Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz' und 'Nationale Klimaschutz Initiative'