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PYDRO im Interview

© © Rolf Schulten

 

PYDRO: Energierückgewinnung aus Wasserrohrsystemen

 

 

Wie kam Ihnen die Idee zu Ihrem Projekt?

Das unser Trinkwasser in Deutschland rund um die Uhr und in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung steht, ist für uns etwas Selbstverständliches. Anders sieht es in Zambia aus, der Heimat von unsere Ideengeber Mulundu Sichone. Während wir hier nur ein Wasserhahn auf und zu machen müssen, wird in Zambia und in vielen anderen Ländern Afrikas teilweise das ungereinigtes Wasser noch von weit entfernten Wasserstellen auf dem Kopf zu den Häusern transportiert.

Dieser Unterschied hat Mulundu schon in seiner frühen Jugend so beschäftigt, dass er mehr darüber erfahren wollte. Er wollte wissen, woher eigentlich das Wasser, das wir täglich trinken, genau kommt und wie es dort so sauber hingelangt. Sehr schnell konnte er schlussfolgern, dass dazu sehr viel Energie erforderlich ist und diese Energie eigentlich Wasserkraft ist, die (wenn reichlich vorhanden) theoretisch genutzt werden kann, ja sogar genutzt werden muss, um Schäden an unseren Rohrleitungen und die damit verbundenen Wasserverluste zu vermeiden.

 

Wer hat Sie dabei unterstützt?

Um diese Trinkwasserkraft nutzbar zu machen, hatte sich Mulundu Sichone verschiedene konventionelle Wasserkraftturbinen angeschaut, die man in Miniaturformat in Trinkwasserleitungen nutzen könnte. Letztendlich kam jedoch die zündenden Ideen von der Schiffsfahrt, wo die sogenannten Ringpropeller insbesondere durch ihren rohrförmigen Aufbau sehr kompakt und leicht zu installieren sind.

Um diese Anlage effizient als Trinkwasserkraftwerk nutzen zu können, wendete er sein Wissen aus seinem Maschinenbaustudium an der Universität Rostock an und entwickelte das Prinzip des Ringpropellers zur „Sichone-Turbine“ weiter. Das Konzept stellte er dann seinem Professor für Konstruktionen vor, der ihm die Möglichkeit gab, die Idee als Projektarbeit im Studium voranzutreiben.

Motiviert von dem Zuspruch für seine Idee fasst er den Entschluss, die Sichone-Turbine nach seinem Studium und im Rahmen des Gründungsprojektes Pipe Hydro Energy weiter zu entwickeln. Seitdem gibt es unser Start Up, das wir aber offiziell erst im Jahr 2016 als Pydro GmbH angemeldet haben.

Mit der tatkräftigen Unterstützung von Familie und Freunden sowie von Mentoren konnte Mulundu die Idee soweit voranbringen, dass er in der Lage war, den Anschluss am Start-up Dock, der Gründerinitiative der technischen Universität Hamburg zu finden. Dort lernte er seine Mitgründer Felix Müller und Michael Heuer kenne.

Durch die vielen Anlaufstellen in Hamburg, der Teilnahme an Ideenwettbewerben und durch das Netzwerken konnten wir uns die Unterstützung aus Wissenschaft und Wirtschaft erarbeiten. Besonders innovative Wasserversorgungsunternehmen konnten wir schon sehr früh so von der Idee überzeugen. Sie gaben uns damit die Chance, unsere Turbine frühzeitig an ihre Anforderungen anzupassen, um später einen Testbetrieb in ihren Rohrnetzen durchführen zu können.

 

Welche Geldquellen haben Sie gesucht? Wie konnten Sie Investoren überzeugen?

Um das Projekt zu finanzieren, wurden Privatinvestoren und Risikokapitalgesellschaften angesprochen. Diese waren zwar von der Idee überzeugt, wollten jedoch das noch hohe Entwicklungsrisiko nicht mittragen.

Gespräche mit Firmen als potentielle strategische Geldgeber scheiterten daran, dass die strategischen Interessen nicht übereinstimmten.

Zwei Fördermittelanträge führten hingegen zum Erfolg. Für die Zusage war es wesentlich, dass die Innovationshöhe gegeben ist und wesentliche Kriterien erfüllt sind. Dazu zählten unter anderem eine wissenschaftliche Begleitung und eine Absichtserklärung von mindestens einem Wasserversorgungsunternehmen. Durch die Anbindung an die Technischen Universität Hamburg und die Absichtserklärung von zwei Wasserversorgungsunternehmen konnten wir uns für die Förderung qualifizieren.

 

Welche Herausforderungen sehen Sie an Ihrem Beispiel für grünes Gründen in Deutschland?

Grüne Gründungen werden größten Teils nicht als ernst zu nehmende und skalierbare Unternehmungen mit disruptivem Geschäftsmodell wahrgenommen. Besonders grüne Hardware-Start-ups haben irrtümlicherweise den Ruf, dass sie mit besonders hohen Kosten und mit langen Entwicklungsarbeiten verbunden sein müssen, bis überhaupt eine Marktvalidierung erreicht werden kann. Daher fordern Investoren häufig einen Prototyp im Einsatz mit umfangreichen Patenten, um überhaupt ein Investment in Erwägung zu ziehen.

Es herrscht noch der Konsens, dass der fertig entwickelte Prototyp das Risiko für ein Scheitern so stark minimiert, dass sich eine Investition lohnt.

Die mit Abstand häufigste Ursache für das Scheitern von grünen Gründungen liegen aber im Allgemeinen nicht in einem besonders hohen Entwicklungsrisiko – sondern darin, dass es kein Bedarf für das Produkt am Markt gibt. 42 Prozent der in einer Studie untersuchten Start-ups gaben an, nicht genug Zeit damit verbracht zu haben, mit der Zielgruppe zu sprechen. So haben sie unter hohem Zeit- und Kostenaufwand Produkteigenschaft entwickelt, die von den Kunden nicht gewünscht werden.

Hauptsächlich gilt es Investoren noch davon zu überzeugen, dass eine Seed-Finanzierung in einem Hardware Start-up sich schon in der Konzeptionsphase lohnt und nicht unbedingt von einem fertiggestellten Prototyp abhängig gemacht werden sollte. Eine kundennahe Entwicklung kann die Risiken einer Investition und die Kosten stärker minimieren als ein jahrelang entwickelter Prototyp, der nur durch Grundlagenforschungen entstanden ist.

 

Was leistet Ihr Projekt für den Klimaschutz? Wie trägt es zum Wandel in der Gesellschaft bei?

Als Cleantech Start -up geht es darum, mit einem Produkt bestimmte Klimaprobleme auf eine wirtschaftliche Art und Weise zu lösen. Mit unserem Produkt setzen wir uns das Ziel, einen Beitrag zur Lösung der vier größten Herausforderungen unserer modernen Wasserversorgung zu leisten:

  1. Hoher Energieverbrauch, der teilweise zur überschüssige Druckenergie in den Rohrleitungen führt.
  2. Rohrschäden, die durch überschüssige Druckenergie hervorgerufen werden
  3. Immense Wasserverluste bei Rohrbrüchen, die teilweise über Jahre unentdeckt bleiben bzw. durch überschüssige Druckenergie verstärkt werden.
  4. Hoher Aufwand, um die beschädigten Rohrleitungen zu ersetzen (Transportfahrzeuge und Baumaschinen)

Dafür entwickeln wir unsere Turbine, die eine Energierückgewinnungsanlage für Rohrleitungen ist und gleichzeitig den Druck auf eine smarte Art und Weise reguliert. Wir wandeln also überschüssige Druckenergie in nutzbaren Strom um.

Unsere Vision ist dabei: Die moderne Wasserversorgung mit unserem Produkt intelligent und nachhaltig zu gestalten.

Wir sind der Ansicht, dass ein intelligentes Druckmanagement in der Wasserversorgung einen erheblichen Einfluss auf den Klimaschutz haben kann und leisten mit unserem Produkt einen Beitrag dazu.

 

Welches Geschäftsmodell steckt hinter Ihrem Vorhaben?

Das Geschäftsmodell der Pydro GmbH basiert auf der Entwicklung und Vermarktung von regelbaren Mikro-Wasserturbinen zur Energierückgewinnung, effizienten Druckregulierung und Smart-Monitoring in Wasserleitungen. Unser Fokus liegt hauptsächlich auf dem Verkauf unserer Anlagen und den damit verbundenen Beratungsleistungen vor dem Verkauf und den Serviceleistungen nach dem Verkauf.

 

Was ist dabei Ihr Alleinstellungsmerkmal?

Die Sichone-Turbine zeichnet sich gegenüber dem Wettbewerb durch folgende Alleinstellungsmerkmale aus: 

  1. Umfangreiche Anwendungsmöglichkeiten – branchenübergreifend und flexibel: Durch die stufenlose Regulierbarkeit kann der Betrieb der Sichone-Turbine zur Energieerzeugung, zum Druckabbau, zur Durchflussregelung oder als dezentrale Pumpe in Rohrleitungen angewendet werden. Dies ermöglicht den flexiblen Einsatz in unterschiedlichen Branchen und spart Kosten bei Kauf und Wartung für andere, sonst nötige Maschinen.
  2. Innovative Technik der Laufradschaufeln – hohe Energieausbeute, zuverlässige Druckregelung:  PYDRO setzt stufenlos winkelverstellbare Schaufelblätter ein. Sie sorgen dafür, dass schnell und äußerst flexibel auf Druckschwankungen reagiert werden kann.
  3. Kompakte Turbinenbauweise – schnelle und kostensparende Installation: Der Einbau ist simpel und auch an schwer zugänglichen Orten möglich. Es sind keine Fundamente oder Halterungsvorrichtungen nötig. Dies ermöglicht den Einbau innerhalb eines Tages, auch in kleinste Schächte. Der Einbau von Pumpen als Turbinen dauert hingegen mehrere Wochen.
  4. Ganzheitliches Lösungskonzept – hohe Wirtschaftlichkeit: Die Turbine wird als Komplettlösung geliefert. Durch den rohrförmigen Aufbau entstehen keine Umlenkverluste, da die Turbine wie ein weiteres Rohrsegment installiert wird. Alle relevanten Komponenten sind bereits integriert, wodurch keine zusätzlichen Installationen nötig sind. Projekt- und Beschaffungsaufwand sind somit minimal.

 

Welchen Tipp haben Sie für Gründerinnen und Gründer in der Green Economy?

Das Wichtigste ist, dass man sein Konzept sorgfältig recherchiert und gründlich ausarbeitet und dabei besonders auf den wirtschaftlichen Aspekt achtet.

Man sollte so früh wie möglich über seine Idee mit anderen Menschen und insbesondere mit potentiellen Kunden sprechen, um Feedback zu bekommen. Keine Angst, dass die Idee gestohlen wird – die Wahrscheinlichkeit, dass man dadurch seine Idee verbessern kann oder Mitgründer, Geschäftspartner und Investoren findet, ist wesentlich höher.

Außerdem sollte man sich immer nach Alternativen umschauen, insbesondere bei der Finanzierung und bei Kooperationen.

Das Allerwichtigste bei all dem ist, dass man am Ball bleibt und nicht zu früh aufgibt. Mit jedem Rückschlag macht man Fortschritte.

 

Warum wollen Sie den StartGreen Award 2016 gewinnen?

Pydro ist ein junges dynamisches Clean Tech Unternehmen, welches innovative und intelligente Produkte entwickelt, die dem Anspruch einer grünen und smarten Wasserindustrie voraus sind. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, uns von klassischen deutschen mittelständischen Maschinenbaubetrieben abzuheben und uns als eine Firma des digitalen Zeitalters zu positionieren.

Wir wollen den StartGreen Award 2016 gewinnen, weil wir mit unserem Projekt in der Gesellschaft ein Bewusstsein dafür schaffen wollen, welchen Weg unser Trinkwasser eigentlich täglich gehen muss.

Zudem wollen wir mit unserem Projekt jungen Gründern an unserem Beispiel zeigen, dass man auch mit einem grünen Hardware Start-Up herausragende Erfolge erzielen kann. Dabei kommt es nicht unbedingt auf jahrzehntelange Erfahrungen an – sondern auf Gründergeist. Den haben wir!

StartGreen ist das Online-Informations- und Vernetzungsportal des Borderstep Instituts für die grüne Gründungsszene in Deutschland. Hier informieren und vernetzen sich grüne Gründerinnen und Gründer, grüne Start-ups, grüne Investorinnen und Investoren und Finanzierende, nachhaltig orientierte Gründungszentren u.v.m. um ihr Wissen und ihre Erfahrungen auszutauschen.

Dieses Projekt wurde gefördert durch
logos von 'Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz' und 'Nationale Klimaschutz Initiative'