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Mit Spürnase zur Goldader: Grüne Start-ups und Venture Capital
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Auch in Deutschland sind Venture Capital Investoren im Kommen. Obwohl Risikokapital in Deutschland im Vergleich zu den USA noch Luft nach oben hat, wächst das Interesse an dieser Form der Finanzierung. Doch was steckt eigentlich dahinter? Was erwarten VC Investoren, und wie können grüne Start-ups von Wagniskapital profitieren?
Der Begriff Venture Capital (kurz: VC) stammt aus dem Englischen und wird mit Wagniskapital oder auch Risikokapital übersetzt. Der Grund liegt auf der Hand: Diese Form des Investments bedeutet für den Investor, unter Umständen sein gesamtes eingesetztes Kapital zu riskieren. Sei es, dass sich das Kapital durch die Investition nicht vermehrt, sei es, dass es dabei ganz verloren geht. Eine Faustregel besagt dabei, dass von zehn Start-ups, in die investiert wird, mindestens drei erfolgreich sein müssen, um ein gutes Ergebnis für den Investor zu erzielen – keine leichte Aufgabe bei Investitionen in Grundlageninnovationen. Der Bereich Cleantech beispielsweise benötigt hohe Investitionen für Versuchsanordnungen, Tests und Hardware bei einem langfristigen Planungshorizont. Investoren brauchen also in jedem Falle einen langen Atem.
Wie funktioniert Venture Capital?
Anders als ein Bankkredit ist Venture Capital eine Art „Entwicklungshilfe“ für junge Unternehmen. Die Investition erfolgt in verschiedenen Stufen:
- Die erste und für die Investoren risikoreichste Stufe ist die Seed-Finanzierung. Hierbei befindet sich das Start-up noch in der Anfangsphase. Investoren brauchen ein gutes Gespür, um auf das richtige Pferd zu setzen.
- In der darauf folgenden Early-Stage Finanzierung wird das eingebrachte Venture-Kapital zumeist für die Aktivitäten nach der vollendeten Produktentwicklung verwendet.
- Die sich anschließende Later-Stage Finanzierung wird häufig als Growth Finance bezeichnet, denn hier geht es um Wachstum.
- Die letzte Stufe ist der so genannte Exit. Dabei verkauft der Investor die Anteile an einem Unternehmen. Nur durch den Exit erhält der Investor die Chance, sein eingesetztes Kapital zurückzuerhalten und Gewinne zu machen – deshalb bleibt der Exit für VC Investoren das angestrebte Ziel.
Die Finanzierung kann fondabhängig oder fondunabhängig erfolgen. Bei Venture Capital-Gesellschaften, die fondsunabhängig investieren, fließen die Mittel der Investoren direkt in das Unternehmen. Bei fondsgestützten Venture Capital-Gesellschaften werden Venture Capital-Fonds aufgelegt, durch die sich Investoren indirekt an Start-ups beteiligen. Der VC Investor verwaltet dabei den Fonds.
Gibt es grünes Wagniskapital?
Es gibt VC Investoren, die sich auf grüne Unternehmen und grüne Technologien spezialisiert haben. Im Folgenden stellen wir vier aus Deutschland vor:
VNT ist eine der ersten europäischen Risikokapitalgesellschaften, die sich auf Cleantech spezialisiert hat. Sie ist seit 2002 mit einem unveränderten Team aus Industrieexperten aktiv- von diesem Erfahrungsschatz profitieren Portfoliounternehmen genauso wie Start-ups. Der Fokus liegt dabei auf erneuerbaren Energien, Leistungselektronik und Energieeinsparung. Das Unternehmen kommt aus Finnland und ist in Skandinavien sowie im deutschsprachigen Raum tätig.
Peter Auner, Partner bei VNT, prognostiziert grünen Gründungen im Energie-Bereich die besten Chancen. „Ich sehe persönlich sehr großes Potential im Bereich der Digitalisierung. Die Branche hat hier hohes Nachholpotential. Als Schlüssel zum Gelingen der Energiewende gilt die intelligente Vernetzung des Energiesystems. Es gibt bereits auch erste Start-ups, welche in diesem Bereich sichtbare Erfolge nachweisen können und sehr viele, welche mit interessanten Geschäftsmodellen hier aktiv sind.“ Start-ups, die von VNT Geld bekommen wollen, sollten ein businessorientiertes, erfahrenes Management-Team haben. „Und ein Produkt, das ganz klare Kaufanreize bietet.“
Die eCAPITAL AG ist eine unternehmergeführte Venture Capital-Gesellschaft mit Sitz in Münster. Ihr Fokus liegt auf schnell wachsenden Unternehmen in den Segmenten erneuerbare Energien, nachwachsende Rohstoffe, ressourcenschonende Verfahren, Wassertechnologien sowie Verfahrenstechnik/neue Materialien und IT. eCAPITAL verwaltet derzeit fünf Fonds mit einem Zeichnungskapital von über 120 Mio. € und investiert bundesweit in Unternehmen in den Early-Stage- und Later-Stage-Phasen, ebenso wie in den "kleinen Mittelstand".
"Cleantech ist aus unserer Sicht aufgrund der Vielfalt an Investitionsmöglichkeiten sowie der fundamentalen Probleme, die nur durch neue Technologien gelöst werden können, ein interessanter Investitionsbereich," erläutert Bernd Arkenau von eCapital. "Oft wird vergessen, dass Cleantech weitaus mehr als die Energiewende ist. Die effizientere Nutzung von Ressourcen und die Reduktion der Umweltbelastung bieten eine große Vielfalt an interessanten Themen, die von Bildverarbeitungsprogrammen zur Optimierung des Wasserbedarfs für das Pflanzenwachstum bis hin zu Nanomaterialen zum effizienten Beleuchtung von Bildschirmen reicht. Besonders interessant sind Unternehmen, die neben einer spannenden Wachstumsstory bereits an Hand von ersten realen Kunden nachgewiesen haben, dass ihre Technologie funktioniert, Bedarf bei einer großen Anzahl an Kunden vorhanden ist und das Unternehmen über ein klares Alleinstellungsmerkmal verfügt."
Die Sirius Venture Partners GmbH mit Sitz in Wiesbaden und Düsseldorf ist eine Venture Capital-Gesellschaft mit Fokus auf Investments in frühen Unternehmensphasen. Der grüne Fokus im Unternehmen liegt auf Beteiligungen an Start-ups im Bereich der erneuerbare Energien von der Seed- bis zur frühen Expansions-Phase. Sirius arbeitet im Investment Management fast ausschließlich mit (seriellen) Unternehmern – von dieser Erfahrung profitieren die Start-ups während der intensiven Zusammenarbeit mit den Investoren.
Lisa Seipp, Investment Managerin bei Sirius, sieht ein enormes Wachstumspotential für Cleantech in den kommenden Jahrzehnten. Sie erwartet große Umwälzungen der Branche. „Die CleanTech-Szene ist erwachsener und realistischer geworden; sie hat die ‚erste Welle‘ und die ‚erste Ernüchterung‘ ebenso hinter sich wie die ersten Erfolge.“ Auf ihrem Wunschzettel für ein Investment in das perfekte Start-up stehen ein exzellentes, durchhaltefähiges Team mit der richtigen Mischung aus „Vision“ und „operativer Traktion“. Und ein technologisch starkes und skalierbares Produkt mit echtem, rechenbarem Nutzen in einem aussichtsreichen Markt. „Grundlage ist ein realistisch-ambitionierter Businessplan als Richtschnur des Start-ups.“
MVP ist ein Risikokapitalgeber mit Investitionsschwerpunkten in den Bereichen Cleantech und Green ICT. Mit Investitionsmitteln von knapp 200 Millionen Euro unterstützt das Unternehmen wachstumsorientierte High-Tech-Start-ups mit nachhaltigen Geschäftsmodellen. Das MVP-Team besteht aus erfahrenen Industriemanagern und Venture Capital-Spezialisten. Durch die enge Partnerschaft mit einer der weltweit erfolgreichsten Forschungsorganisationen, der Fraunhofer Gesellschaft, erhält MVP Einblicke in die neuesten Technologien und Investitionsmöglichkeiten der Fraunhofer-Ausgründungen. MVP ist zum Teil finanziert durch das Competitiveness and Innovation Framework Programme (CIP) der Europäischen Union.
„Junge Unternehmer finden in Deutschland ein sehr großes Wachstumspotential im Cleantech-Bereich vor“, sagt Madeleine Appelmann von MVP. „Die etablierten Firmen in Deutschland haben mittlerweile erkannt, dass der Cleantech-Sektor enorme Wachstumschancen bietet. Dieses Bewusstsein und das vorhandene Reservoir an ausgezeichneten Ingenieuren ist eine hervorragende Basis für innovative Start-ups.“ Problematischer sei hingegen, dass zu wenig Venture Capital für Cleantech zur Verfügung stehe, um Start-ups adäquat zu finanzieren und mit den Ressourcen auszustatten, die nötig sind um auf internationaler Ebene erfolgreich zu sein. Außerdem fehlten Exit-Möglichkeiten. „Es hapert an der Zusammenarbeit zwischen Start-ups und etablierten Unternehmen, insbesondere die M&A-Bereitschaft ist im Cleantech-Sektor noch nicht so ausgeprägt, wie beispielsweise im IT- oder Pharma-Bereich.“
Wie kommen grüne Start-ups leichter an Geld?
Mit dieser Frage befasst sich auch die Green Start-up Investment Alliance (GreenUpInvest). Das Projekt sucht nach Wegen, in Deutschland Umwelt- und Klimaschutz durch Unternehmensgründungen zu fördern. So will GreenUpInvest Engagement von Business Angels und andere Frühphaseninvestoren im Bereich grüner Gründungen mobilisieren. Dafür sollen Kriterien für Investoren zur Nachhaltigkeitsbewertung von Gründungsvorhaben und die transparente und verlässliche Einstufung „grüner“ Start-ups entwickelt werden. Qualitativ hochwertige Matching-Angebote sollen Finanzierungsangebote für und Finanzierungsnachfrage von grünen Start-ups verbessern.
Das Projekt wird vom Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit gGmbH koordiniert. Weitere Projektpartner sind der Bundesverband Deutsche Startups e.V., Business Angels Netzwerk Deutschland e.V. sowie Forum Nachhaltige Geldanlagen e.V..