"Durch die Produktion in Städten entfallen die Kühlung und der lange Transport von Lebensmitteln"
Gründerinterview: ECF-Farmsystems
ECF Farmystems wurde im Jahr 2012 von Nicolas Leschke und Christian Echternacht gegründet. Das Unternehmen nutzt eine Technik (Aquaponik), die die innerstädtische Produktion nachhaltiger Lebensmittel durch die Kombination von Fisch- und Pflanzenzucht ermöglicht. Ziel ist die Erzeugung von Lebensmitteln durch minimalen Wasserverbrauch, minimalen CO2-Ausstoß und minimale Transportwege.
StartGreen: Wer und was ist ECF Farmsystems?
Nicolas Leschke: ECF Farmsystems beschäftigt sich mit der Produktion von Fisch und Gemüse in Kreislaufsystemen, die sich Aquaponiks nennen:
Aquaponiks sind die Kombination von Fischaufzucht – Aquakultur – und Pflanzenanbau in Wasser – Hydroponik. Beides kombiniert lässt sich sehr ressourceneffizient betreiben. In unserer Anlage können wir pro Jahr 30 Tonnen Speisefisch produzieren. Ihre Ausscheidungen sind der natürliche Dünger für die Pflanzen – Gemüse und Kräuter – die dadurch hervorragend wachsen. Auch hiervon produzieren wir circa 30 Tonnen im Jahr.
StartGreen: Wer ist das Team von ECF Farmsystems?
Nicolas Leschke: Neben Co-Gründer Christian Echternacht arbeiten momentan noch fünf weitere Mitarbeiter bei ECF Farmsystems. Wir haben Spezialisten für die einzelnen Bereiche, bspw. Gärtner und Fischmeister.
Geschäftsmodell
StartGreen: Kannst du uns etwas über das Geschäftsmodell von ECF Farmsystems erzählen? Auf welche Weise werden Umsätze generiert?
Nicolas Leschke: Wir machen Umsatz zum einen durch die Planung und Errichtung von Aquaponik-Anlagen und in einem zweiten Schritt natürlich durch den Verkauf der Produkte unserer Referenzfarm in Schöneberg. Zukünftig soll ein Franchise-Modell aus ECF Farmsystems entstehen, welches wir in verschiedenen Städten anbieten wollen.
StartGreen: Was ist die Unique Selling Point (USP), das Alleinstellungsmerkmal von ECF Farmsystems?
Nicolas Leschke: Es ist unser System mit dem man kommerziell Fisch und Gemüse anbauen kann. Wir unterscheiden uns kaum von den klassischen Modellen einer Aquakultur oder einer Hydroponik, bis auf die Kostenersparnisse, die durch die Symbiose der beiden Modelle – die Doppelnutzung des Wassers und die Eigendüngung – entstehen.
Nachhaltigkeit
Nicolas Leschke: Als Unternehmer beschäftige ich mich mit nachhaltigen Geschäftsmodellen. Ich habe eine Leidenschaft für gutes Essen und wenn man sich damit ein wenig auseinandersetzt erkennt man schnell, dass bei der Produktion von Lebensmitteln nicht alles rund läuft.
Der hohe CO2-Ausstoß - 34% der globalen CO2-Produktion stammen aus dem Anbau und der Verarbeitung von Produkten - und der Ressourcenverbrauch durch den Transport und die Lagerung der Lebensmittel. Beim Wasserverbrauch ist es ähnlich: 70 Prozent des Süßwassers weltweit wird in der Lebensmittelproduktion verbraucht. Dabei ist Wasser eine wertvolle Ressource, viele Gegenden leiden unter Wasserknappheit und wir importieren sogar Wasser in Form von Lebensmitteln.
Das hat mich dazu gebracht zu überlegen, wie sich diese Prozesse effizienter gestalten lassen.
StartGreen: Was ist der konkrete Umweltnutzen, der durch ECF Farmsystems entsteht?
Nicolas Leschke: Durch die Produktion in den Städten entfallen die Kühlung und der lange Transport von Lebensmitteln, was der CO2-Bilanz unserer Produkte zu Gute kommt.
Aquaponik bedeutet zudem eine Doppelnutzung des Wassers. In unserem Fall beginnt dieser Prozess sogar noch einen Schritt früher. Indem wir Regenwasser für unsere Anlagen in Zisternen sammeln, die wir anschließend in die Fischaufzucht einspeisen, resultiert eine Wasserersparnis von knapp 70 Prozent. Somit weisen wir eine wesentlich bessere Wasserbilanz auf als herkömmliche Produkte aus Aquakulturen und Hydroponik-Anlagen.
StartGreen: Zusätzlich kommt ihr komplett ohne chemischen Dünger und Pestizide aus?
Nicolas Leschke: Genau. Wir arbeiten ausschließlich mit Nützlingen, das heißt biologischem Pflanzenschutz. Wir setzen bspw. Schlupfwespen oder Raupenmilben ein, um Schädlinge aus dem Gewächshaus fernzuhalten. Bei der Fischauszucht achten wir insbesondere auf die Wasserqualität. Durch eine kontrollierte Besatzdichte vermeiden wir Stress und geben den Fischen so die Möglichkeit ein ausgeprägtes Immunsystem zu entwickeln.
StartGreen: Wachsen die Fische dann langsamer, als solche in konventionellen Aquakulturen?
Nicolas Leschke: Nein, denn dabei spielt vielmehr die Besatzdichte eine Rolle. Theoretisch könnten wir 180 Kilogramm Fisch pro Kubikmeter produzieren. Wir hingegen produzieren jedoch nur 70 Kilogramm Fisch pro Kubikmeter. Dadurch wachsen die Fische genauso schnell, ohne den Einsatz von Antibiotika oder ähnlicher Substanzen.
Finanzierung
StartGreen: Stichpunkt Finanzierung. Wie finanziert ihr euch und wie seid ihr auf eure ersten Finanzierungsmöglichkeiten gestoßen?
Nicolas Leschke: Eigentlich relativ klassisch: Durch Kapitalerhöhung unserer Firma und zwei Investoren an Bord, die sich an unserem Unternehmen beteiligt haben. Der VC-Arm der IBB-Beteiligungsgesellschaft und ein Business Angel, haben in uns investiert und im Gegenzug Anteile von uns erhalten. Durch dieses Investment konnten wir die große Farm bauen und die nächsten Schritte gehen.
Marktzugang
StartGreen: Wer außer den Endkonsumenten zählt noch zu euren Kunden? Und welche Tipps möchtest du jungen Start-ups in puncto Marktzugang mit auf den Weg geben?
Nicolas Leschke: Neben den Endverbrauchern gehören auch Gastronomen, Hotels und Caterer zu unseren Kunden, die regelmäßig Fisch und Gemüse von höchster Qualität aus unserer Referenzfarm hier in Schöneberg erhalten. Beim Kerngeschäft von ECF Farmsystems geht es schwerpunktmäßig um den Verkauf solcher Systeme: Da sind eher Projektentwickler, Unternehmer, größere Firmen, Hotel- und unsere Zielgruppe.
Der Marktzugang ist natürlich eine sehr individuelle Angelegenheit, die jeder für sich selbst testen muss. In unserem Fall haben wir mit einem Prototypen angefangen und sind so unsere ersten Schritte gegangen. Wir gehören als Bauern ja zur „Old Economy“.
Wir haben den ersten Prototypen finalisiert und anschließend an zwei, drei Kunden verkauft, das war unser „Proof of Concept“. Den braucht man natürlich auch, wenn man mit den Investoren spricht.
StartGreen: Vielen Dank für das Gespräch!