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Wider der Ressourcenverschwendung

© SXSW 2011 Recycled bench von 4ELEVEN Images unter CC BY-NC-ND 2.0


Unsere aktuelle Wirtschaftsweise geht mit einem hohen Ressourcenverbrauch und der Erzeugung von Emissionen einher. Laut Martin Jänicke verfügt die Erde nur über eine begrenzte Aufnahmefähigkeit für Emissionen und erzeugte Abfälle. Er verwendet den Begriff „carrying capacity“. Die Frage ist, wann die Grenze erreicht ist?

Fest steht, der Ressourcenbedarf steigt seit Jahren rasant. Demgegenüber stehen eine Verknappung von Rohstoffen sowie die negativen Folgen ihrer Nutzung. Mittels Umweltinnovationen, Upcycling und der Einführung intelligenter Kreislaufsysteme in die Wirtschaft lässt sich einer Verknappung begegnen. Sie bieten Ansatzpunkte für die Lösung des Ressourcenproblems.    

 

Geplante Ressourcenverschwendung am Beispiel Smartphone

Wir leben in einer innovationsfreudigen Gesellschaft. Der Begriff steht für Fortschritt und Wachstum, für Erneuerung, kreative Ideen und Lösungen. Innovationen sind der Ausgangspunkt für neue Produkte und Dienstleistungen. Allerdings bringt eine beständige Erneuerung von Produkten und Dienstleistungen häufig die Verkürzung von Produktlebenszyklen mit sich und kann den Ressourcenbedarf erhöhen.

Können Innovationen daher auch Teil des Ressourcenproblems sein? Nehmen wir das Beispiel Smartphone. Diese haben in den letzten Jahren die Telekommunikationsindustrie revolutioniert und zugleich viele neue Geschäftsmodelle ermöglicht. Smartphones sind ohne Frage eine Zukunftstechnologie. Doch schaut man sich die Herstellung und die Nutzungsdauer von Smartphones an, zeigt sich die sehr schlechte Umweltbilanz.    

Jedes Smartphone enthält über 40 verschiedene Mineralstoffe, darunter Kupfer, Zink und seltene Erden, wie beispielsweise Kadmium, Kobalt und Coltan, deren Gewinnung unter großem Aufwand in Ländern erfolgt, die über wenig bis keine Sozialstandards verfügen. Mit der Gewinnung der Rohstoffe gehen erhebliche Umweltbelastungen einher. Schaut man sich die durchschnittliche Nutzungsdauer von Smartphones an, beträgt diese mit Erstgebrauch und Zweitnutzung lediglich 2,5 bis 3 Jahre.

Grund dafür ist, dass den Geräten häufig von vorherein eine kurze Lebensdauer angedacht wird. Das Fachwort hierfür heißt „Obsoleszenz“ und meint eine geplante, absichtliche Verringerung der Lebensdauer von Produkten. Hinzu kommt, dass Dank technischer Neuerungen fasst jährlich ein „Update“ der Geräte erfolgt, welches jedoch ausschließlich für neuere Modell vorgesehen ist. Das soll Verbraucher zum Kauf eines neuen Geräts animieren.  

Was geschieht eigentlich mit all den nicht mehr genutzten Smartphones und deren wertvollen Rohstoffen? Nur ein Bruchteil dieser gelangt in die Wiederverwertung und wird als Sekundärrohstoff erneut verwendet. Der Großteil landet auf Mülldeponien oder in Verbrennungsanlagen. Wertvolle Rohstoffe gehen damit unwiederbringlich verloren.

Doch das ist nur ein Beispiel, welches sich problemlos auf weitere Produkte und Gebrauchsgüter übertragen ließe.

 

Umdenken ist angesagt: Das Fairphone

Dass Smartphones auch auf andere Art und Weise produziert und genutzt werden können, zeigt das niederländische Sozialunternehmen Fairphone. Das Unternehmen schlägt mit seinem Smartphone einen anderen Weg ein. Sein Ziel ist die Lebensdauer von Elektronikgeräten wie auch deren Haltbarkeit durch ein entsprechendes Produktdesign zu verlängern. Es will faire Bedingungen für seine Gebrauchselektronik schaffen. Dafür ist das Unternehmen bereit, seine Lieferkette offenzulegen. Zudem will das Unternehmen eine neue Beziehung zwischen Mensch und Produkt schaffen.

Das gelingt durch die modulare Bauweise des Fairphones. Es beinhaltet ein integriertes Schichtsystem. Der Nutzer kann sich  frühzeitig mit seinem Gerät auseinandersetzen und die einzelnen Bestandteile seines Smartphones kennenlernen. Geht ein Teil kaputt, kann es leicht durch ein anderes ersetzt werden. Hier kann der Nutzer selbst Hand anlegen und dadurch Verantwortung für sein Gerät übernehmen.

Die Idee kommt bei den Verbrauchern an. Ab Januar 2017 ist schon 2. das Fairphone für 515€ erhältlich. Neben einer fairen Lieferkette unterstützt das Unternehmen Projekte, die zu mehr Nachhaltigkeit in der Verbraucherelektronik beitragen. 

 

Abfälle produzieren ohne schlechtes Gewissen

Einen Schritt weiter geht das Konzept von dem Verfahrenstechniker und Chemiker Prof. Michael Braungart und dem amerikanischen Architekt William McDonough. Ihnen geht es nicht nur um einen bewussteren Umgang mit Ressourcen und deren effizienteren Einsatz. Ihnen geht es um eine „intelligente Verschwendung“ nach dem Vorbild der Natur. Die Natur kennt keine Abfälle. Sie verwendet alle Stoffe als Ausgangspunkt für etwas Neues. Dadurch entstehen Stoffkreisläufe. Nur durch derartige Kreisläufe, sind die Autoren überzeugt, kann auf lange Sicht die Ressourcenfrage gelöst werden.

Es geht um die Aufhebung einer Wirtschaftsweise, die durch lineare Herstellungs- und Verbrauchsprozesse gekennzeichnet ist. Nicht mehr „von der Wiege zur Bahre“, sondern von der „Wiege zu Wiege“ („Cradle to Cradle“) heißt das Prinzip. Produkte sollen nach Gebrauch nicht länger verbrannt oder vergraben werden, sondern als Rohstoff für etwas Neues, möglichst Schönerem dienen. Sie verfolgen das Konzept eines „öko-effektiven Designs“. Bei diesem geht es „um die Arbeit an den richtigen Dingen – an den richtigen Produkten und Dienstleistungen und Systemen – statt darum, die falschen Dinge weniger schlecht zu machen.

Auf diese Weise können auch in der Wirtschaft Stoffkreisläufe entstehen und Abfälle vermieden werden. Hierbei wird zwischen zwei verschiedenen Stoffkreisläufen unterschieden, zwischen einem biologischen und einem technischen. Erster ist für Verbrauchsgüter, wie beispielsweise Lebensmittel, gedacht. In diesem sind nur natürliche Stoffe integriert. Zweiter Kreislauf ist für Gebrauchsgüter, wie beispielsweise elektrische Geräte wie Smartphones. Hier bilden Materialien immer wieder den Ausgangsstoff für neue Produkte. Beide Kreisläufe sind voneinander getrennt.

Damit das Kreislaufprinzip funktioniert, müssen von vornherein intelligente Produktdesigns und Konzepte entwickelt werden. Es kommt auf den Produktentstehungsprozess an. Kreislaufsysteme erfordern somit kontinuierlich Ideen- und Erfindungsreichtum, Kreativität und die Entwicklung von innovativen Lösungen. Es geht darum, immer bessere Produkte zu entwerfen, die ohne gefährlichen Substanzen auskommen. Das Ziel ist die vollständige Vermeidung von Abfällen.

Zwar hat die „Cradle to Cradle“ Bewegung inzwischen weltweit eine große Anhängerschaft gefunden, deren Ziel es ist, das Prinzip in die Realität umzusetzen. Doch gelingt es derzeit nur vereinzelt. Ob sich das „Cradle to Cradle“ eines Tages als Prinzip einer modernen nachhaltigen Wirtschaftsweise durchsetzen wird, lässt sich derzeit schwer beantworten. Doch viele Lösungen weisen bereits in diese Richtung. 

Save the Date: Am 20. & 21.  Oktober 2017 findet in Lüneburg der nächste „Cradle to Cradle Kongress“ statt.

 

Mittels Upcycling Abfälle vermeiden und Ressourcen schonen

Upcycling ist ein kreativer Weg Abfälle zu vermeiden und Ressourcen zu schonen. Es ist ein Baustein zur Etablierung von Kreislaufsystemen. Ungenutzte Gebrauchsgegenstände erhalten via Upcycling ein neues Leben. Sie dienen als Ausgangsmaterial für neue Produkte. So stellt beispielsweise die Firma Stone Company aus ausrangierten Fahrrädern und Fahrradgestellen Designerstühle her. Mittels Upcycling entsteht der Designer-Stuhl „Eddi“. Jeder Stuhl ist ein Unikat und wird mit einer ID versehen.  Wer möchte kann sein eigenes altes ausrangiertes Bike zu einem Stuhl ummodellieren lassen.

Das Upcycling auch beim Bauen funktioniert, haben dänische Architekten der Firma Lendager Arkitekter bewiesen. Sie haben ein „Upcycle House“ aus recycelten Materialien gebaut. Die Grundstruktur des Hauses besteht aus einem Holzrahmen und zwei vorgefertigten Schiffscontainern, die auf einem Fundament aus alten Glasflaschen und Pfählen stehen. Die Wände sind mit Papierwolle aus alten Zeitungen isoliert und mit Pressspanplatten verkleidet. Fenster, Ziegelsteine, Leisten und Latten wurden aus älteren Häusern wiederverwertet. Ummantelt wird das Haus von einer Fassade, die teilweise aus alten Bierflaschen gefertigt wurde. Das Upcycle House spart rund 86 Prozent Kohlendioxid gegenüber einem gewöhnlichen Gebäude.

Dem Erfinderreichtum für ein Upcycling sind keine Grenzen gesetzt. Es lässt sich in allen möglichen Bereichen und Branchen umsetzen. Weitere Upcycling-Ideen und Inspirationen finden sich auf der Plattform ( http://upcyclingboerse-hannover.de/), im Upcycling Deluxe – Onlineshop für Upcycling-Design in Deuschland (http://www.upcycling-deluxe.com/) oder beim Cradle to Cradle e.V. (http://c2c-ev.de)

 

StartGreen ist das Online-Informations- und Vernetzungsportal des Borderstep Instituts für die grüne Gründungsszene in Deutschland. Hier informieren und vernetzen sich grüne Gründerinnen und Gründer, grüne Start-ups, grüne Investorinnen und Investoren und Finanzierende, nachhaltig orientierte Gründungszentren u.v.m. um ihr Wissen und ihre Erfahrungen auszutauschen.

Dieses Projekt wurde gefördert durch
logos von 'Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz' und 'Nationale Klimaschutz Initiative'