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visionYOU erhält den Sonderpreis „Neue Perspektiven“

© © Rolf Schulten - Borderstep

Herzlichen Glückwunsch, Sie haben den Sonderpreis „Neue Perspektiven“ beim StartGreen Award 2017 gewonnen. Was bedeutet der Preis für Sie?

Erstmal natürlich ein großer Anlass zur Freude – unser erster Gründerpreis! Dass wir diesen Preis erhalten, zeigt uns einmal mehr, dass gerade in der nachhaltigen Wirtschaft die Themen digitale Bildung und Berufsorientierung wichtige Handlungsfelder sind. Der Preis ist für uns eine tolle Anerkennung unserer bisherigen Arbeitsleistung und treibt uns gleichzeitig weiter an. Wir freuen uns außerdem über die damit verbundene Sichtbarkeit unseres Projekts.

 

Worum genau geht es bei visionYOU?

visionYOU ist ein Brandenburger Start-up, das durch digitale Bildung und Vernetzung die Berufsorientierung in Schulen erlebbar macht und Wirtschaftsunternehmen in der Region Berlin/Brandenburg frühzeitig den direkten Zugang zu interessiertem Nachwuchs ermöglicht.

Wir machen digitale Bildung zum Anfassen. Dazu kombinieren wir virtuelle und reale Angebote zur Berufsorientierung und konzentrieren uns ausschließlich auf die Darstellung von Ausbildungsberufen.

 

Wie kam Ihnen die Idee zu Ihrem Vorhaben?

Wir drei haben uns beim gemeinsamen Masterstudium Nachhaltige Unternehmensführung an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) kennengelernt. Während des Studiums haben wir einen Schwerpunkt auf Sustainable Entrepreneurship bzw. Sozialunternehmertum gelegt. Paul hatte bereits Gründungserfahrung im Bereich nachhaltige Mode und in gemeinsamen Gesprächen reifte langsam der Entschluss, dass wir zusammen ein Unternehmen mit gesellschaftlicher Wirkung gründen möchten.

Im Frühjahr 2017 ging es dann los: Wir haben uns einige Tage gemeinsam „eingeschlossen“ und in einem kreativen Workshop das Handlungsfeld Bildung bearbeitet. Aus den gesellschaftlichen Problemstellungen entstand die erste grobe Geschäftsidee: Es soll um multimediale Berufsorientierung gehen, mit Fokus auf Ausbildungsberufe und auf die Region Berlin/Brandenburg.

Es gibt gute Gründe für diese Schwerpunktsetzung: zum einen den Fachkräftemangel, der in Bezug auf Ausbildungsberufe besonders ausgeprägt ist. Dazu ein paar Zahlen: In Berlin wird jede dritte Ausbildung vorzeitig gelöst, in Brandenburg sind es knapp 30%, beides liegt über dem Bundesdurchschnitt. 45% der Betriebe in Deutschland haben Besetzungsschwierigkeiten, gleichzeitig bleiben 35% der interessierten Jugendlichen ohne Ausbildung. Hier zeigen sich die verschärften Passungsprobleme. Außerdem sind Geschlechterstereotype bei der Berufswahl immer noch weit verbreitet und hinderlich. Z.B. sind nur 12% der Auszubildenden in MINT-Berufen junge Frauen. Für uns ist klar: Die Aufklärungsarbeit und die Vorbereitung auf die Berufswelt von morgen muss in der Schule beginnen. Mit einem zeitgemäßen, multimedialen Ansatz, der die Schüler*innen auf digitalisierte Arbeitswelten vorbereitet.

Danach kam die Analyse: mit unserer gemeinsamen Masterarbeit haben wir den Markt, die Chancen und Herausforderungen genauer betrachtet und daraus unser Geschäftsmodell abgeleitet. Seit etwa einem Jahr arbeiten wir nun mit voller Kraft an unserem Projekt.

 

Wer hat Sie dabei unterstützt?

Wir werden im Rahmen des EXIST-Programms durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und den Europäischen Sozialfonds gefördert und durch das Gründungsnetzwerk Potsdam Transfer bei der Gründung unterstützt. Die Entwicklung der didaktischen Lehrinhalte erfolgt in enger Kooperation mit dem Lehrstuhl für Technologie und berufliche Orientierung der Universität Potsdam. Unser EXIST-Mentor Prof. Dr. habil. Bernd Meier (Professur für Technologie und berufliche Orientierung an der Universität Potsdam) unterstützt uns mit seiner langjährigen Erfahrung, pädagogischem Fachwissen und vielen Kontakten.

In der Umsetzung unseres Angebots arbeiten wir mit Experten aus den Bereichen Film, Didaktik und Pädagogik zusammen. Unterstützung in der Pilotierung erhalten wir von Bildungsträgern, Wirtschaftsförderungsinstitutionen, Schulen und Wirtschaftsunternehmen.

 

Welche Geldquellen haben Sie gesucht?

Uns ist klar, dass die Erarbeitung eines validen Geschäftsmodells und die Ausarbeitung unseres konkreten Produkt- und Dienstleistungsangebots Zeit braucht. Deshalb haben wir uns schon parallel zu unserer Masterarbeit für ein EXIST-Gründerstipendium beworben und dieses auch direkt nach unserem Abschluss erhalten. Seit Juni 2017 läuft die Förderung.

Bis Januar läuft die Pilotierung unseres Dienstleistungsangebots „visionTour“. Parallel arbeiten wir fieberhaft an der Entwicklung verschiedener Robotik-Elemente zum Einsatz im Rahmen dieser Tour. Zur Umsetzung dieses Vorhabens suchen wir Unterstützer bzw. Sponsoren, die als Partner und Vorreiter für den Einsatz innovativer Technologien im Bereich digitale Bildung und Nachwuchskräftesicherung auftreten.

 

Welche Herausforderungen sehen Sie an Ihrem Beispiel für nachhaltiges Gründen in Deutschland?

Die für uns größte Herausforderung besteht darin, den Begriff des Social Entrepreneurship besser verständlich zu machen. Wir wollen in der Politik und Gesellschaft darauf hinwirken, dass die tatsächlich messbare soziale bzw. gesellschaftliche Wirkung in den Fokus der Betrachtung rückt, weniger die Rechtsform. Insbesondere im Bereich der Finanzierung ist das nach wie vor ein Thema.

Während vor allem Non-Profits durch Stiftungen unterstützt werden, ist es für Sozialunternehmen schwer, den Spagat zwischen gesellschaftlicher Wirkung und wirtschaftlicher Tragfähigkeit zu schaffen. Leider ist bis heute die Gemeinnützigkeit oft entscheidend dafür, wer finanzielle Unterstützung erfährt. Die Wirkung und ihre Messung werden dabei häufig übersehen. Unser Ansatz weicht davon ab.

Eine weitere Herausforderung liegt in den starren und oftmals verkrusteten Strukturen von größeren Institutionen und Verbänden. Häufig besteht gerade bei den entscheidenden Verbänden und Kammern nur wenig Mut und Risikobereitschaft, neue Ideen umzusetzen.

 

Wie trägt Ihr Projekt zum Wandel in der Gesellschaft bei?

Wir schaffen mit unserem Angebot einen Mehrwert für alle am Berufswahlprozess direkt oder indirekt Beteiligten: Das sind auf der einen Seite unsere Kunden, d.h. die Unternehmen, die den Zugang zu Nachwuchs in der Region bekommen sowie Schulen und Bildungsträger, die wirksame digitale Berufsorientierung einsetzen können. Auf der anderen Seite profitieren auch unsere direkten Nutzer, also die Schüler*innen durch gute Berufsorientierung und den Zugang zu Unternehmen für Praktika oder Ausbildung. Am Ende profitiert ganz klar auch die Gesellschaft, denn mit visionYOU gelingt die Fachkräftesicherung – das spart Kosten und sichert die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts.

 

Was ist dabei Ihr Alleinstellungsmerkmal?

Wir machen digitale Bildung zum Anfassen und setzen unseren Schwerpunkt auf Berufsorientierung. Und zwar: Berufsorientierung als Erlebnis in der Sprache der Jugend, multimedial und vernetzt!

Im Gegensatz zu bestehenden Ansätzen am Markt bieten wir ein integriertes Konzept zur Berufsorientierung, bestehend aus Unterrichtseinheit, virtuellem Erfahren und interaktiven Betriebserkundung im Zuge schulischer Fachexkursionen. Als neuer Ansatz ist die Verbindung moderner Technik (VR/AR und Robotik) mit der realitätsnahen Darstellung des Berufsalltags und die direkte Verknüpfung von regionalen Ausbildungsangeboten mit Schulklassen zu werten. Dies verspricht einen hohen regionalen Nutzen. Die partizipativ-technische und curriculare Einbindung der Tour ist derzeit einzigartig. Diese marktsegmentierte Verknüpfung von Berufsorientierung an Schulen mit regionaler Fachkräftesicherung in B/BB durch strategische Partnerschaften wird bisher nicht wirksam angeboten. Partnerunternehmen wird eine neue, digitale sowie interaktive Möglichkeit der Nachwuchsrekrutierung geboten, indem ihnen frühzeitig der Kontakt zu potenziellem Nachwuchs in der Region ermöglicht wird. Wir planen und setzen die Betriebserkundungen in Zusammenarbeit mit unseren Partnern gemeinsam um und geben direktes Feedback der Jugendlichen weiter. Das lässt Trends frühzeitig erkennen, um Weichen zu stellen.

 

Welchen Tipp haben Sie für Gründerinnen und Gründer mit nachhaltiger Geschäftsidee?

Unser Tipp lautet: Das zugrundeliegende Problem nicht aus den Augen zu verlieren und gleichzeitig die Anforderungen des Marktes zu berücksichtigen. Aber am wichtigsten ist, lasst euch von niemanden entmutigen. Hinterfragt euch regelmäßig, passt euer Konzept auch gerne hier und da neuen Ergebnissen an, aber zweifelt nie an euch selbst. Richtet euch darauf ein, dass ihr belächelt werdet oder andere eure Idee als ideologisch abstempeln. Schöpft darauf Kraft und den Willen, es umso mehr umsetzen zu wollen und lasst Widersacher einfach stehen.

StartGreen ist das Online-Informations- und Vernetzungsportal des Borderstep Instituts für die grüne Gründungsszene in Deutschland. Hier informieren und vernetzen sich grüne Gründerinnen und Gründer, grüne Start-ups, grüne Investorinnen und Investoren und Finanzierende, nachhaltig orientierte Gründungszentren u.v.m. um ihr Wissen und ihre Erfahrungen auszutauschen.

Dieses Projekt wurde gefördert durch
logos von 'Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz' und 'Nationale Klimaschutz Initiative'