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Social Impact im Interview
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Social Impact: Agentur für soziale Innovationen
Wie kam Ihnen die Idee zu Ihrem Projekt?
Wir als Social Impact gGmbH verstehen uns als Agentur für soziale Innovationen. Bereits seit 1994 suchen wir nach Lösungen für dringende gesellschaftliche Probleme. Dafür haben wir viele soziale Innovationen entwickelt oder dazu beigetragen – so waren wir maßgeblich an der Entwicklung der ersten deutschen Carsharing-Organisation „stattauto“ und an der Überführung des Modells zur Deutschen Bahn (flinkster) beteiligt. Seit 1999 entwickeln wir Projekte im Bereich der inklusiven Gründungsunterstützung und setzen diese um. In diesem Kontext haben wir nicht nur qualitativ hochwertige Gründungsunterstützungsstrukturen für benachteiligte Personengruppen (junge Erwachsene, Menschen mit Schwerbehinderung etc.) entwickelt und in Projekten umgesetzt, sondern auch als erste in Deutschland ein Mikrofinanzangebot etabliert. Hieraus ist das deutsche Mikrofinanzsystem entstanden.
Seit 2010 beschäftigen wir uns intensiv mit der Frage, wie man soziale Innovationen in Deutschland fördern kann. Erste Analysen führten uns zu dem Ergebnis, dass keine qualitativ hochwertigen – auf die Bedürfnisse von Sozialunternehmen abgestimmten – Gründungsunterstützungsangebote existieren. Mit unserer Expertise in der Gründungsunterstützung lag es nahe, ein entsprechendes Angebot zu etablieren. So entstand in 2011 der erste Gründungsinkubator für Social Startups. Gemäß unserem Selbstverständnis benutzen wir den Begriff „social“ im angelsächsischen Sinne. Mithin unterstützen wir Gründer/innen aus den Bereichen Soziales, Ökologie, fairer Handel, gesunde Ernährung, Gesundheit und Bildung.
Wer hat Sie dabei unterstützt?
Anfänglich waren unsere wichtigsten Unterstützter ASHOKA und die Schwab-Foundation. Zu diesen beiden Pionierorganisationen der Förderung von Social Entrepreneruship bestanden enge Netzwerkbeziehungen, weil der Geschäftsführer der Social Impact gGmbH Norbert Kunz sowohl als ASHOKA-Fellow als auch von der Schwab Foundation als Social Entrepreneur des Jahres ausgezeichnet wurde.
Wichtige Bedeutung für die Entwicklung dieses neuen Leistungsfeldes hatten natürlich insbesondere alle Mitarbeiter/innen der Social Impact gGmbH.
Welche Geldquellen haben Sie gesucht? Wie konnten Sie Investoren überzeugen?
Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Programme der Social Impact gGmbH fast ausschließlich aus öffentlichen Fördermitteln finanziert. Für die Umsetzung der Inkubatorenprogramme für Social Startups haben wir sowohl öffentliche aber auch insbesondere private Partner (Unternehmen und Stiftungen) von unserer Idee überzeugen können.
Anfänglich war es extrem schwierig, Unterstützer/ Investoren für die Idee zu begeistern. Bei potenziellen Investoren oder Förderpartner herrschte die Annahme vor, dass die zentrale Motivation zur Gründung eines Unternehmens in der Gewinnerwartung besteht und soziale oder ökologische Zielsetzungen eine wichtige Grundlage für individuelles Konsum-, Freizeit- und Protestverhalten darstellt, aber kein Treiber für risikobehaftete Unternehmensgründungen ist.
Als erste Unterstützer und Förderpartner konnten wir 2011 die SAP AG gewinnen. Unser Ansatz entsprach der CSR Strategie der SAP. Mit der Zusage der SAP ein Modellprojekt in Berlin zu entwickeln und zu fördern, stieg die Bereitschaft anderer Partner sich mit unserem Ansatz intensiver auseinanderzusetzen. Insbesondere nachdem wir die ersten Gründer/innen präsentieren konnten, reduzierten sich die Vorbehalte, und wir konnten auch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) überzeugen, in die Modellprojektförderung zu investieren.
In den Folgejahren waren dann unsere Gründer/innen die besten „Werbeträger“. Mit der wachsenden Zahl erfolgreicher Gründungen wuchs auch der Zuspruch und das Interesse weiterer Partner.
Nach und nach konnten wir Förderpartner für eine stetig wachsende Anzahl von Social Impact Lab Standorten und für überregionale Programme gewinnen.
Die Mittel setzen sich zusammen aus Spenden, zweckgebundenen Fördermitteln sowie Eigenmitteln.
- BMFSFJ - Zuwendungsgeber Pilotprojekt von 2012-2014 sowie von 2015-2017 zur Verstetigung und Skalierung des Programmes
- SAP ermöglicht das Social Impact Lab Berlin und unterstützt durch die Spendenmittel die Umsetzung der vier Startery-Qualifizierungsprogramme
- Die KfW Stiftung ermöglicht die Programme ANKOMMER. Perspektive Deutschland und AndersGründer Frankfurt und Duisburg.
- In Duisburg werden wir zudem von der Franz Haniel & Cie. GmbH und der Prof. Otto Beisheim Stiftung unterstützt.
- Die Drosos Stiftung ermöglicht unser Programm „Sozial und Gründer“ im Social Impact Lab Leipzig.
- Das Programm „Impact Starter“ des Social Impact Lab Hamburg werden durch Hit Stiftung, Hans-Weiser-Stiftung und Barclaycard ermöglicht.
- In Frankfurt unterstützt uns die KfW Stiftung sowie die JP Morgan Chase Foundation.
- Die Programme von Social Impact Finance laufen in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bank, Deutsche Bank Stiftung, startnext und Crowdcamp.
- Die Telefonica Foundation fördert das Social Startup – Programm für junge Erwachsene (Think Big Pro).
- Außerdem erfahren wir finanzielle oder ehrenamtliche Unterstützung u.a. durch den Fröbel e.V., den Paritätische Gesamtverband, den Paritätischen NRW, den Paritätischen Berlin, den Lions Club Berlin, Ashoka Deutschland.
Gemeinsam mit den Partnern arbeiten wir an der Weiterentwicklung und Verstetigung unserer Programme und Formate. Wir beziehen die Unternehmen durch Mentorenprogramme aktiv ein und verändern auch so die Einstellung und das Handeln in den fördernden Unternehmen.
Welche Herausforderungen sehen Sie an Ihrem Beispiel für grünes Gründen in Deutschland?
Obwohl die Unterstützung für soziale und grüne Gründungen wächst und sich eine zunehmend sensibilisierte Gründer/innengeneration herausbildet, sind die strukturellen Voraussetzungen für grüne Gründungen im Vergleich zu traditionellen – hauptsächlich gewinnorientierten Gründungen – nach wie vor schlecht. Es fehlt nicht nur an qualifizierter Beratung. Auch die Startfinanzierung stellt grüne Gründer/innen vor besondere Herausforderungen. Hier setzen wir mit unserem Social Impact Finance Programm an, um sowohl das Know-How bei den Gründer/innen im Bereich Finanzierung zu erhöhen als auch den Zugang zu Startkapital zu ermöglichen. Zur Unterstützung haben wir Fondsmodelle, Crowdfunding, Mentorenprogramme und ein Qualifizierungs-Netzwerk (Ready for Finance) entwickelt.
Was leistet Ihr Projekt für den Klimaschutz? Wie trägt es zum Wandel in der Gesellschaft bei?
Um einen besonders hohen Impact zu erreichen, entwickeln wir keine eigenen „Klimaschutz-Projekte“ sondern unterstützen grüne Projekte / Unternehmen bei ihrer Gründung. So arbeiten wir aktiv an Sensibilisierung, Professionalisierung und Verbreitung grüner Gründungen. Social Impact fördert Social Startups, die drängende gesellschaftliche/ökologische Herausforderungen wie Klimawandel, Umweltverschmutzung und Ressourcenverschwendung lösen wollen. Unsere Qualifizierungen sind auf Social Enterprises zugeschnitten, die nachhaltig agieren und sich für eine bessere Welt von morgen einsetzen. Wir verstehen uns als Motor für eine neue und nachhaltig-orientierte Bewegung. Unser Ziel ist es, sozial-ökologische Veränderung zu bewirken. Deshalb unterstützen wir jene Projekte, die unsere Umwelt und Gesellschaft positiv verändern.
Nachhaltigkeitsorientierte Social Entrepreneurs erhalten in den Qualifizierungsprogrammen von Social Impact umfassend Unterstützung im Gründungsprozess. Unsere Programme beinhalten die Bereitstellung von kostenfreien Arbeitsplätzen für das Gründerteam, Qualifizierungen durch Coachings, die in bedarfsspezifische Fachberatungen gründungsrelevantes Wissen vermitteln. Jedes Team hat einen Coach und einen Mentor. Diese sind über die Stipendienzeit feste Ansprechpartner bei Fragen und Problemen, begleiten die Entwicklung des Geschäftsmodells und stellen Kontakt zu potentiellen Stakeholdern her.
Da es unsere Vision ist, dass Sozialunternehmer auch über finanzielle Mittel verfügen, erhalten sie mit Social Impact Finance ein hochwertiges Unterstützungsprogramm mit Beratung, Mentoring, der Chance auf finanzielle Mittel und Crowdfunding-Hilfe.
Über die fachliche Beratung hinaus erhalten die Stipendiaten Arbeitsplätze in unsere Co-Working Spaces. Auf regelmäßigen Veranstaltungen & Networking-Events schaffen wir Raum zur Vernetzung mit der Gründer-Community, vermitteln Kontakte zu Unternehmen und Interessens-Gruppen und ermöglichen Ansprache sowie Matching mit Finanzierungspartnern. So schaffen wir die Basis für den Wandel der Gesellschaft durch nachhaltige Gründungen.
Mit den Qualifizierungen im Gegenwert von 12.500 -16.000 Euro pro Stipendiat bieten wir grünen Gründer/innen professionelle Qualifizierung in der Start- & Implementierungsphase. Unsere Beratungen verfolgen nicht das Ziel ökonomischer Gewinnmaximierung, sondern streben nach dem größtmöglichen social impact. Unsere Programme haben zahlreiche grüne Startups im Gründungsprozess unterstützt: Upcycling-Projekte wie Ruffboards, Sharingdienstleistungen wie Leihbar, neue Umwelttechnologien wie Coolar, Produkte gegen Umweltverschmutzung wie RubyCup oder Soulbottles, Original Unverpackt, das Restaurant gegen Lebensmittelverschwendung Restlos Glücklich oder das Start-up für Elektrolasträder, Velogista.
Von 2011 bis Juli 2016
- haben sich über 1.600 Teams bei uns beworben
- haben Teams in ca. 60 öffentlichen Pitches ihre Ideen präsentiert
- wurden über 300 Teams in unsere Social Startup Programme aufgenommen,
- haben rund 150 Teams ein Sozialunternehmen gegründet, die wiederum mehr als 1.000 neue Arbeitsplätze geschaffen haben
- erhielten unsere Social Startup Teams mehr als 150 nationale und internationale Auszeichnungen,
- wurden zur Gründung der Unternehmen mehr als 5 Mio. Euro mobilisiert,
- davon mehr als 1 Mio. Euro in über 20 Crowdfunding Kampagnen innerhalb unsers Crowdfunding Angebots von Social Impact Finance mit fast 12.000 Unterstützern
- sind über 300 SAP und Deutsche Bank Mitarbeiter als Mentoren registriert
- wurden unsere Teams mit rund 15.000 Qualifizierungsstunden unterstützt
- haben unsere Teams mehr als 1.000 Arbeitsplätze geschaffen
Mit unseren Programmen können wir zudem auch zu einer Sensibilisierung für grüne/soziale Themen bei den fördernden Partnern beitragen.
Welches Geschäftsmodell steckt hinter Ihrem Vorhaben?
Die Social Impact gGmbH finanziert sich seit 1994 aus öffentlichen und privaten Fördermitteln sowie aus erwirtschafteten Eigenbeiträgen.
Was zunächst als ein fragiles – weil von Fördermitteln abhängiges – Geschäftsmodell anmutet, zeigt sich bei näherer Betrachtung als extrem stabil. Hierfür spricht nicht nur die bereits mehr als 20jährige Erfahrung der Social Impact und die Anzahl der Mitarbeiter (53), sondern auch die Vielfalt der Förderbeziehungen. Aktuell arbeitet die Social Impact gGmbH mit 22 verschiedenen Förderorganisationen zusammen. Es wird gewährleistet, dass keine Abhängigkeit von einem Förderpartner entsteht und mithin die Einstellung der Förderung eines Partners die Gesamtstruktur/-finanzierung des Unternehmens nicht gefährden kann.
Das Einhalten dieser Ausgewogenheit ist ein wesentlicher Grundsatz des Fundraisings. Exemplarisch lässt sich dies an der Standortfinanzierung verdeutlichen. Die Social Impact gGmbH betreibt aktuell 7 Standorte. Jeder Standort hat unterschiedliche Finanzierungspartner. Der worst case bei einem Wegfall einer Finanzierung ohne fehlende Anschlussfinanzierung wäre die Schließung eines Standortes, während das gesamte Unternehmen nicht gefährdet ist.
Was ist dabei Ihr Alleinstellungsmerkmal?
Unsere Erfahrung zeichnet uns aus: Wir haben durch unsere Unterstützung zur Gründung von vielen Tausend Unternehmen beigetragen. In unsere Programme fließt das 20-jährige firmeninterne Know-How ein, aber auch die Kompetenz unserer Partner. Über 300 SAP Mentoren, Deutsche Bank Mentoren und knapp 30 SAP Workshoptrainer geben ihren fachlichen und persönlichen Input an unsere Stipendiaten weiter.
Wir denken und agieren ganzheitlich: Unsere Gründer/innen erhalten ein einzigartiges Komplettpaket, das unser Angebot von anderen Gründungsunterstützungs-programmen unterscheidet. Wir konzentrieren uns weder auf eine reine Beratung noch sind wir nur Co-Working Space oder bieten rein finanzielle Unterstützung: Die Innovation des Förderangebotes besteht in der einzigartigen Verbindung aller Bausteine.
Stipendiaten erhalten kostenlose Co-Working Arbeitsplätze, die ihnen vor Ort gegenseitigen Austausch in der Community ermöglichen und ein Klima gegenseitiger Unterstützung schaffen, die nötige Qualifizierung durch Coaching & Workshops sowie Unterstützung im Finanzierungsbereich. Der Einbezug unserer Förderer in den Qualifizierungsprozess im Mentorenprogramm bietet den Stipendiaten einen enormen Mehrwert.
Welchen Tipp haben Sie für Gründerinnen und Gründer in der Green Economy?
Sich für die Teilnahme an unseren Programmen bewerben und sich qualifizierte Unterstützung suchen und Netzwerke aufbauen, um Zugänge zu erhalten und von den Erfahrungen anderer zu profitieren.
Auf sich aufmerksam machen, an die Öffentlichkeit gehen: Tue Gutes und rede darüber!
Warum wollen Sie den StartGreen Award 2016 gewinnen?
Als „Ermöglicher“ und „Unterstützer“ von grünen und sozialen Gründungen stehen wir häufig nicht im Fokus der Öffentlichkeit. Social Impact leistet seit langem einen wesentlichen Beitrag für die Entwicklung und Verbreitung der Green Economy und entwickelt sich selbst beständig weiter. Viele unserer Stipendiaten haben erfolgreich gegründet und wurden mehrfach ausgezeichnet.
Wir wollen einen Mehrwert für die grüne und soziale Gesellschaft leisten und würden uns freuen, in diesem Rahmen durch den StartGreen Award noch mehr Aufmerksamkeit und mithin noch mehr Gründungsinteressierte und Förderpartner zu erreichen.