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Smart Home: Gut vernetzt durchstarten

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Smart Home, Smart Energy, Smart Living – die Begriffe werden derzeit inflationär benutzt. Oft steckt nicht mal drin, was draufsteht. Doch was ist dran am Hype? Und welche Besonderheiten müssen Gründerinnen und Gründer beachten, die auf Energieeffizienz durch Vernetzung setzen? Smart Home vernetzt Geräte und automatisiert Abläufe. Das schafft Komfortgewinn durch gute Belüftung oder die Steuerbarkeit von Temperaturen. Diese Technik bietet jedoch auch interessante Möglichkeiten, die Sicherheit in den eigenen vier Wänden zu erhöhen oder neue Möglichkeiten der häuslichen Pflege zu erschließen.

Einige Start-ups haben das Thema Smart Home bereits erfolgreich für sich entdeckt. Dazu gehören Tado (smarte Thermostate), Brightup (intelligente Lichtlösungen) oder my intelligent home, die das Smartphone als Schaltzentrale für die Haustechnik positionieren. Auch Mittelständler setzen auf innovative Smart Home Lösungen, so zum Beispiel Dr. Riedel Automatisierungstechnik, deren Smart Home System RIEcon bis zu 30 Prozent Energieeinsparung durch optimiertes Energie-Management und Verbrauchsfeedback erzielt. Auch die großen Player am Markt wie RWE oder Telekom/Qivicon erhoffen sich, durch Smart Home neue Geschäftsfelder zu erschließen.

 

Kundennutzen im Fokus der Geschäftstätigkeit

Die Vielfalt der Anwendungsmöglichkeiten offenbart ein grundlegendes Problem für Start-ups: Welche Innovationen sind überhaupt gefragt? Für Severin Beucker, Geschäftsführer des Borderstep Instituts, liegt in der Antwort der Schlüssel zum Erfolg. „Gründer sollten sich unbedingt auf ein Feld mit echtem Kundennutzen konzentrieren. Es gibt viele gute Ideen zur Heimvernetzung. Doch am Ende zählt nur, was der Kunde akzeptiert.“ Für den Smart Home Experten gehört dazu das Thema Energiesparen – auch weil es für Kunden konkrete Auswirkungen im Portemonnaie hat. „Themen wie Gesundheit, Pflege und Sicherheit sind für Kunden ebenfalls interessant, aber schwieriger, weil wir uns damit in einen regulierten und gesetzlich stark reglementierten Markt hineinbewegen.“

Diese Reglementierungen sind Herausforderung und Chance für Start-ups im Smart Home Bereich, findet Thomas Goette, Geschäftsführer der Green Pocket GmbH. Das Unternehmen entwickelt Software, mit der sich Smart Meter- und Smart Home-Verbrauchsdaten überwachen und visualisieren lassen. Zielgruppe sind vor allem kleine und mittlere Unternehmen, aber auch Privatanwender. „Der deutsche Energiemarkt ist dominiert von Gesetzgebungsverfahren. Wenn der Gesetzgeber zum Beispiel beschließt, dass Wechselprozesse bei Energieversorgern innerhalb von vier Wochen abzuwickeln sind, muss die Software entsprechend angepasst oder gar neu entwickelt werden. Somit gibt der Gesetzgeber indirekt auch einen Bedarf vor.“ Sobald ein Gesetz kommt, folgen Aufträge. „Andererseits können Gesetzgebungsprozesse auch zu viel Zeitverzögerung bei der Weiterentwicklung von Technologien führen. Das sehen wir aktuell beim Digitalisierungsgesetz zur Energiewende, das unter anderem den Smart Meter Rollout regeln soll, aber durch Probleme bei der Frage des Datenschutzes verzögert wird.“

 

Smart Home schlägt Dämmen

In Deutschland wird ein Drittel der Energie in Gebäuden verbraucht. Immer noch konzentriert man sich fast ausschließlich auf Strom. Die meisten Einsparpotentiale liegen jedoch bei Heizung und Warmwasser – ideales Einsatzgebiet für Smart Home, ist sich Severin Beucker sicher. Derzeit untersucht er in einem Verbundforschungsprojekt gemeinsam mit Connected Living, wie eine serviceorientierte Heimautomatisierungsplattform im mehrgeschossigen Wohnungsbau zur flexiblen Energieversorgung von Gebäuden genutzt werden kann. „Nach Berechnungen des Borderstep Instituts kann man mit einer guten Automatisierungslösung die gleiche Größenordnung an Energie einsparen wie mit einer fachgerecht ausgeführten Dämmung eines Gebäudes. Für die Automatisierung muss man aber nur rund ein Drittel der Investitionskosten aufbringen, die für Dämmung notwendig sind.“ Neben den Kosten sprächen auch andere Faktoren für die Zukunftsfähigkeit mit Smart Home. „Bereits jetzt findet man auf dem Markt ausgereifte Systeme mit Einzelraumtemperaturregelung und adaptiver Steuerung. Diese berücksichtigen auch Wetterdaten und Nutzerprofile. So kann der Wärmebedarf im Gebäude sehr genau prognostiziert werden.“ Solche Systeme weiterzuentwickeln sei ein spannendes Geschäftsfeld für innovative Start-ups, so Beucker.

Thomas Goette von GreenPocket sieht die Zukunft für Smart Energy im Bereich Automatisierung, also der Steuerung von Abläufen nach bestimmten Algorithmen, und in der Eigenverbrauchsoptimierung. „Es gibt mehr als eine Million private Solarenergieerzeuger. Durch Speicherung und Zwischenspeichernutzung könnte diese Gruppe den Selbstverbrauch erhöhen. Dafür brauchen sie intelligente Software-Angebote durch Start-ups.“ Je anwendungsfreundlicher die Bedienung der Hardware dabei sei, desto erfolgsversprechender. „Das beweist Apple jeden Tag.“

 

Kooperation zahlt sich aus

Severin Beucker sieht für den Geschäftserfolg von Start-ups im Bereich Smart Home einen weiteren Aspekt, der oft übersehen wird. „Nur wer Kooperationen sucht, wird Erfolg haben.“ Der Wissenschaftler untersuchte diese Frage für ein Forschungsprojekt des Borderstep Instituts, aus dem ein Leitfaden für die Praxis entstand. „Start-ups im Smart Home Bereich benötigen neben Kapital vor allem Partner, die Ihnen Erst- und Pilotanwendungen ermöglichen. Ich empfehle solche Innovationen und Geschäftsideen, die auf Kooperationen mit bestehenden Branchen und Partnerschaften mit bestehenden Marktakteuren abzielen.“ Die Vorstellung, man könne allein den Smart Home Markt aufmischen, sei nur schwer haltbar. „Der Markt ist zu heterogen. Die Kundengruppen und die einzelnen Anwendungsfelder besitzen unterschiedliche Anforderungen, die man kaum auf einmal erfüllen kann. Bei der Suche nach der richtigen Geschäftsidee muss man auch eine klare Kundengruppe im Blick haben.“

 

Welchen Herausforderungen steht die Branche gegenüber (technisch, ökologisch und ökonomisch)?

  • Datenschutz und Datensicherheit: Wie werden Daten verwendet, wie und wo gespeichert? Wie dürfen die gesammelten Daten genutzt werden? Wie wendet man die Gefahr von unerwünschten Datenverlusten ab?
  • Spartendenken passt nicht zu Gründungen im Bereich Smart Home: Oft bewegen sich die Geschäftsmodelle an Schnittstellen zwischen Telekommunikation, Sicherheit, Gesundheit, Gebäudetechnik, Energietechnik.
  • Technisch: offene Schnittstellen, gemeinsame BUS-Systeme/ Standard
  • Ökologisch: Smart Home muss nicht zwingend energieeffizient sein. Vernetzung verbraucht auch Energie, wie das Beispiel Quivicon zeigt.

 

Wo sind die Potenziale für neuen Geschäftsideen, Innovationen und Start-ups?

  • Sektorübergreifende Angebote: Interessant sind kombinierte Dienste, wenn also ein Energie-Start-up auch das Sicherheitsthema abdeckt.
  • Plattformnutzung für andere: Offene Plattformen, auf denen andere ihre Dienste anbieten und Schnittstellen einbinden können, haben riesiges Potenzial.
  • Energie: Sehr großes Einsparpotenzial in Gebäuden.
  • Pflege und Sicherheit: zukunftsfähige Themen.

 

Smart Home im Alltag

Im folgenden Video erklärt Severin Beucker noch einmal, wie Smart Home-Technologien in der Praxis funktionieren und Verbraucher mit einer Heimvernetzungs-Plattform 20-30 Prozent Heizenergie einsparen können.


Quelle: EnergyTV24.de auf YouTube

StartGreen ist das Online-Informations- und Vernetzungsportal des Borderstep Instituts für die grüne Gründungsszene in Deutschland. Hier informieren und vernetzen sich grüne Gründerinnen und Gründer, grüne Start-ups, grüne Investorinnen und Investoren und Finanzierende, nachhaltig orientierte Gründungszentren u.v.m. um ihr Wissen und ihre Erfahrungen auszutauschen.

Dieses Projekt wurde gefördert durch
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