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Ohne Energiespeicher keine Energiewende
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Um die Energiewende erfolgreich zu meistern, bedarf es effizienter Energiespeicherlösungen. Energiespeicher spielen eine zentrale Rolle beim Ausbau und der Umgestaltung unseres Energieversorgungssystems auf erneuerbare Energien. Speichertechnologien werden bereits seit Jahrzehnten erforscht und entwickelt. Einige dieser Speichertechnologien haben das Forschungslabor längst verlassen, andere befinden sich in der Erprobung oder müssen noch zur Marktreife gebracht werden. Eines ist gewiss, der Markt für Energiespeicherlösungen ist weltweit ein Wachstumsmarkt. Er bietet interessante Geschäftsoptionen für grüne Start-ups.
Großer Bedarf für Energiespeicherlösungen vorhanden
Die Energiewende ist ohne Energiespeichertechnologien nicht machbar. Zu der Erkenntnis sind Experten schon seit langem gekommen. Laut des Bundesverbandes für Energiespeicher (BVES) ist eine „erfolgreiche Umsetzung der Energiewende nur mit Speichertechnologien möglich.“ Daher wird in jüngster Zeit im Zuge der Energiewende dem Thema Energiespeicher größte Aufmerksamkeit zuteil.
Seit dem offiziellen Beschluss, eine Energiewende in Deutschland mit erneuerbaren Energien herbeizuführen, wurde sich jahrelang verstärkt dem Ausbau der Erneuerbaren Energien gewidmet. Die erneuerbaren Energien befinden sich seitdem auf dem Vormarsch. Im Jahr 2014 betrug der Anteil des Ökostroms, laut Bundesverband der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), 26,2 Prozent am Strommix. In absoluten Zahlen waren dies 160,6 Milliarden Kilowattstunden von 614 Milliarden Kilowattstunden, die in 2014 insgesamt erzeugt wurden.
Infografik "Stromerzeugung 2014 nach Energieträgern" von Strom-Report.de
Die Herausforderung für die Energiewende zeigt sich nun an anderer Stelle. Es geht darum, zukünftig auch mit einem auf erneuerbaren Energien basierenden Energiesystem, Versorgungssicherheit und Netzstabilität herzustellen.
„Wir brauchen Energiespeicher, um das schwankende Energieangebot aus den erneuerbaren Energien auszugleichen.“, so der Energieexperte und DLR-Vorstand Prof. Ulrich Wagner. „Der Bedarf der Verbraucher deckt sich ja nicht immer mit dem Energieangebot, das Wind und Sonne gerade liefern. Bisher haben wir dieses Problem nur in geringem Umfang, weil sich fossile Kraftwerke schnell und einfach regeln lassen und in Spitzenzeiten mehr Leistung zur Verfügung stellen können.
Wenn wir jedoch bald mehr als 30 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien ins Stromnetz einspeisen, wird das so nicht mehr funktionieren. Dann müssen wir Lücken bei der Erzeugung oder Spitzen beim Stromverbrauch mit Stromspeichern ausgleichen. Für die Energiewende in Deutschland brauchen wir also dringend Energiespeicher.“, so Wagner weiter.
Das Problem ist, elektrische Energie lässt sich nur für kurze Zeit speichern. Sie muss in andere Energieformen überführt werden, wie beispielsweise in thermische, mechanische oder chemische Energie. Um sie dann wieder in Form von elektrischer Energie, sprich Strom, nutzen zu können, ist eine erneute Umwandlung nötig, mit der ein Verlust an Energie einhergeht. Benötigt werden daher effiziente Speichertechnologien sowie Speicherkonzepte.
Energiespeicherlösungen im Einsatz
In vielen Ländern dieser Erde werden Energiespeicherlösungen bereits erfolgreich eingesetzt. Norwegen zum Beispiel muss sich um die Versorgung und Speicherung seiner Energie keine Sorgen machen. Sie können auf Pumpspeicherkraftwerke, dank riesiger natürlicher Wasservorkommen, setzen. Pumpspeicherkraftwerke gelten derzeit zu einer der effizientesten Speichertechnologien, die über einen hohen Wirkungsgrad verfügt.
In Deutschland und Europa gibt es jedoch nur wenige Einsatzmöglichkeiten für Pumpwasserspeicherkraftwerke. Sie benötigen große natürliche Wasservorkommen und können nur in Gebirgen oder Mittelgebirgen gebaut werden.
Hierzulande bedarf es anderer Lösungen. Eine Option bieten Batterien und Batteriespeicherkraftwerke. Batterien arbeiten ebenfalls mit einem hohen Wirkungsgrad von mehr als 80 Prozent. Die YOUNICOS AG, ein Start-up aus Berlin, hat sich auf den Weg gemacht, diese Technologie zu nutzen (hier geht es zum Gründerinterview mit Herrn Triebel). Sie errichten große Batteriespeicherkraftwerke, die gepaart mit modernster IKT-Technologie den schwankenden Energiebedarf regeln. In Deutschland sind inzwischen drei Anlagen in Betrieb. Weltweit betreibt das Unternehmen insgesamt 20 Batteriekraftwerke mit einer Gesamtleistung von 100 Megawatt.
Eine weitere viel versprechende Speichertechnologie ist die Elektrolyse. Mit Hilfe dieser kann aus überschüssigem regenerativ erzeugtem Strom Wasserstoff hergestellt werden. Wasserstoff ist ein chemischer Energieträger. Er eignet sich sowohl als Energielieferant zur Stromerzeugung als auch als Treibstoff im Verkehr. Sein Vorteil ist, er ist transportabel, universell einsetzbar, umweltverträglich und kommt ohne umweltschädliche Emissionen aus.
Bei Bedarf wird er wieder in Strom umgewandelt oder mittels Brennstoffzellen als Energielieferant genutzt. So bietet Wasserstoff auch großes Potenzial für den Einsatz im Verkehrssektor. Erste wasserstoffbetriebene Autos kommen dieses Jahr auf den Markt.
„Mit dem stets zunehmenden Anteil von erneuerbaren Energien brauchen wir mehr und mehr die Umwandlung des grünen Stroms in Wasserstoff, der entweder in der Industrie oder in der Mobilität verwertet wird“, so auch Bernd Bartels, Gründer der Beba H2 Speichersysteme GmbH aus Hemmingstedt. Das Unternehmen beschäftigt sich seit 2006 mit Energiespeicherlösungen.
Ein anderes noch sehr junges Unternehmen aus Dresden, das sich ebenfalls auf Speicheranwendungen mittels Brennstoffzellen spezialisiert hat, ist die eZelleron GmbH. Sie hat ein Mini-Kraftwerk entwickelt, welches das mobile Laden von mobilen elektrischen Geräten, wie Smartphones oder Tablets ermöglicht. Das Ladegerät trägt den Namen „kraftwerk“ (YouTube). Es ist handgroß, leicht und wird mit handelsüblichen Standard-Campinggas oder Feuerzeuggas befüllt.
Im Januar diesen Jahres startete das Unternehmen eine Crowdfunding-Kampagne auf kickstarter.de, die auf großen Zuruf stieß. Innerhalb weniger Tage gingen über 6.000 Vorbestellungen aus aller Welt ein und das Unternehmen konnte anstelle der anvisierten Kapitalsumme von 500.000 US-Dollar eine Summe von 1,5 Mill. US-Dollar einsammeln. Nun will sich das Unternehmen auf die Weiterentwicklung seines Produktsortiments konzentrieren.
„Das erste Etappenziel ist erreicht. Nun hoffen wir auf weitere Unterstützung für unser Projekt. So können wir weitere Varianten des Mini-Kraftwerks für die Hosentasche entwickeln“, so CEO der eZelleron, Dr. Sascha Kühn.
Herausforderungen in Bezug auf Energiespeicher
Doch trotz der viel versprechenden Ansätze bestehen derzeit zahlreiche Herausforderungen in Bezug auf die Speichertechnologien. Viele Speicherlösungen haben noch keine Marktreife erlangt. Hier besteht weiterhin Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Hinzu kommen rechtliche Fragen und müssen politische Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit sich ein Markt für Speicherlösungen entwickeln kann.
„Der Sinn und die steigende Notwendigkeit von Speichern ist nicht mehr zu bestreiten. Die Anpassung auch der rechtlichen Grundlage für Speicher ist nun dringend geboten. Speicher müssen einen diskriminierungsfreien Zugang zum Markt und zu den Netzen erhalten.“ so Prof. Dr. Eicke R. Weber, Präsident des Bundesverbands Energiespeicher (BVES) und Chairman der Energy Storage Europe (Pressemitteilung des BVES).
Derzeit konkurrieren Speichertechnologien mit konventionellen Kraftwerkstechnologien, die jedoch umwelt- und klimaschädigendes CO2 emittieren. Bestehende rechtliche Regelungen und Rahmenbedingungen begünstigen jedoch die konventionellen Kraftwerkstechnologien. Den neuen Speichertechnologien wird dadurch der Marktzugang erschwert.
Prof. Volker Quatschning von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin sieht hier dringenden Handlungsbedarf bei der Politik gegeben. Es müsste sich stärker auf die Entwicklung von Schlüsseltechnologien fokussiert werden, die dem Klimaschutz dienen und tatsächlich helfen, Klimaschutzziele zu erreichen.
Handlungsfelder für grüne Start-ups
Grüne Gründer können bei der Etablierung von Speicherlösungen einen entscheidenden Beitrag leisten. Durch die Überführung von ausgereiften Technologien in marktfähige Produkte und Dienstleistungen tragen sie dazu bei, dass sich zukunftsfähige Speicherkonzepte und -technologien am Markt etablieren können. Sie sorgen für die dringend benötigten Investitionen in Speicherlösungen und treiben deren Weiterentwicklung voran.
Häufig arbeiten sie eng mit Forschungseinrichtungen und der Industrie Hand in Hand. Als Ausgründungen realisieren sie damit viel versprechende Speicherlösungen und sind Vorreiter für die Entstehung neuer Energiespeichermärkte.
In folgenden Bereichen sind Speicherlösungen gefragt, die interessante Geschäftsoptionen für grüne Gründungen bieten:
- Die zeitliche und räumliche Entkopplung von Erzeugung und Verbrauch von Energie
- Lieferung von Momentanreserve, Primärregelleistung, Sekundärregelleistung und Minutenreserve
- Systemdienliche Leistungen, wie Spannungshaltung, Blindleistung, Redispatch, Kurzschlussleistung, Frequenzhaltung und Schwarzstartfähigkeit
Laut Aussage des Bundesverbandes Energiespeicher (BVES) sind dies Leistungen, die aufgrund der zunehmenden Anzahl fluktuierend einspeisender erneuerbaren Energieanlagen künftig in größeren Maße benötigt werden.