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Next Kraftwerke im Interview
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Next Kraftwerke: Virtuelles E-Werk
Wie kam Ihnen die Idee zu Ihrem Projekt?
Unsere Energielandschaft befindet sich mitten in einer riesigen Transformation, wie wir sie seit der Einführung der Überlandleitungen nicht mehr gesehen haben. Wie harmonisiert man im Zuge dieser Energiewende Stromverbrauch und Stromproduktion? Gerade im Hinblick auf unstetig einspeisende Typen wie Solar- und Windkraftanlagen haben wir (Hendrik Sämisch und Jochen Schwill) uns die Frage gestellt, wie man diese Schwankungen abfangen kann. Die Idee, die daraus entstand, war das Virtuelle Kraftwerk Next Pool: Viele kleine Anlagen werden in einem großen Pool vernetzt. Über die Vernetzung der einzelnen dezentralen Anlagen der Erneuerbaren Energien wird eine so große Menge an Leistung aggregiert, dass sie sich zur Stabilisierung des Stromnetzes einsetzen lässt.
Wer hat Sie dabei unterstützt?
Besonders wichtig für die Etablierung unserer Geschäftsidee waren die progressiven Anlagenbetreiber. Sie waren zu einem sehr frühen Zeitpunkt bereit, den Weg in das Virtuelle Kraftwerk zu gehen: Ein Konzept, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht etabliert und daher auch noch nicht am Markt erprobt war. Hier haben sich gerade die Enthusiasten in Sachen Nachhaltigkeit und Erneuerbare Energien hervorgetan und einen wichtigen Grundstein für die Geschäftsentwicklung gelegt.
Auch die progressiven Netzbetreiber sind in diesem Kontext hervorzuheben. Sie haben uns eine Menge Vertrauen und Unterstützung entgegen gebracht. Anstatt uns Steine in den Weg zu legen, haben sie mit uns im Dialog eine Lösung erarbeitet, wie man das Virtuelle Kraftwerk in die Stromlandschaft integrieren kann.
Unsere Mitarbeiter spielten ebenfalls eine wichtige Rolle, indem sie nicht für eine Karriere bei einem großen Energiekonzern entschieden haben, wo sie sicherlich ein höheres Gehalt erwartet hätte. Stattdessen haben sie gemeinsam mit angepackt, damit das Virtuelle Kraftwerk Realität wird.
Darüber hinaus ist sicherlich auch der regulatorische Rahmen des EEG 2012 ein wichtiges Moment gewesen, da dieser Rahmen zahlreiche Weichen für unser Geschäft gestellt hat.
Welche Geldquellen haben Sie gesucht? Wie konnten Sie Investoren überzeugen?
Next Kraftwerke hat sich mit der Geschäftsidee gezielt an Investoren im Technologiebereich gewandt. Auch wenn wir uns als grünes Unternehmen verstehen, spielen gerade auch Technologie sowie Digitalität eine wichtige Rolle. Mit entsprechenden Investoren im Rücken war es in den ersten Jahren nach 2009 möglich, das Unternehmen aufzubauen. Seit 2013 schreibt Next Kraftwerke schwarze Zahlen.
Welche Herausforderungen sehen Sie an Ihrem Beispiel für grünes Gründen in Deutschland?
Eine der große Herausforderung im Bereich grünes Gründen besteht in der Unsicherheit, dass sich der regulative Rahmen des eigenen Geschäftsbereichs durch neue Gesetze und Erlasse verändern kann. Das trifft selbstverständlich nicht nur auf unsere, sondern auch auf viele anderen Branchen zu. Da sich jedoch momentan erst der gesellschaftliche Rahmen für eine nachhaltige Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik finden muss, ist der Bereich der grünen Wirtschaft von dieser Unsicherheit besonders betroffen.
Was leistet Ihr Projekt für den Klimaschutz? Wie trägt es zum Wandel in der Gesellschaft bei?
Das Virtuelle Kraftwerk hilft direkt dabei, dass konventionelle fossile Kraftwerke schneller vom Netz gehen können, da ihre Kapazitäten weder zur Stromerzeugung noch für den Notfall zur Stabilisierung des Stromnetzes benötigt werden. So kommen wir schneller zum Ziel, eine nachhaltige Stromversorgung zu etablieren.
Welches Geschäftsmodell steckt hinter Ihrem Vorhaben?
Strom ist nicht immer gleich viel wert. Diesen Umstand macht sich Next Kraftwerke zunutze, indem wir in enger Verzahnung zwischen unserer Handelsabteilung und dem Leitsystem des Virtuellen Kraftwerks versuchen, die Anlagen dann Strom produzieren zu lassen, wenn er besonders gefragt und teuer ist. In Zeiten von niedrigen Strompreisen senken die Anlagen im Virtuellen Kraftwerk über die Fernsteuerung vollautomatisch ihre Stromproduktion. Das beschert unseren Kunden höhere Erlöse in der Stromproduktion. Darüber hinaus sorgt dies auch für weniger Schwankungen im Stromnetz, da diese durch ein ungleiches Verhältnis von Produktion und Nachfrage entstehen.
Zusätzlich liefert unser Virtuelles Kraftwerk wertvolle Regelenergie – also die letzte Reserve des Stromnetzes – aus Erneuerbaren Energien an die deutschen, österreichischen und belgischen Übertragungsnetzbetreiber, um die Netzfrequenz zu stützen.
Darüber hinaus bietet Next Kraftwerke flexible Stromtarife für industrielle Großverbraucher. Diese können ihren Stromverbrauch automatisiert mit den schwankenden Börsenpreisen harmonisieren und so bis zu 30 Prozent der Energiekosten sparen.
Was ist dabei Ihr Alleinstellungsmerkmal?
Next Kraftwerke ist das einzige Virtuelle Kraftwerk, das die Flexibilität der Stromproduktionsseite mit dem Stromverbrauch verbindet. Der Umstand, dass Strom nicht immer gleich viel wert ist, hat für beide Seiten gleichermaßen Bedeutung. Ebenso wie das Leitsystem die Stromproduktion am Börsenpreis vollautomatisch ausrichtet, passen die Stromverbraucher ihren Verbrauch automatisch über das Virtuelle Kraftwerk an. Während die einen so ihre Erlöse verbessern, sparen die anderen signifikante Kosten ein.
Welchen Tipp haben Sie für Gründerinnen und Gründer in der Green Economy?
Im Bereich Green Economy sind noch lange nicht alle Regeln geschrieben. Hoffen Sie also nicht auf alle Fragen, die Sie haben, eine Antwort zu erhalten.
Warum wollen Sie den StartGreen Award 2016 gewinnen?
Seien es Elektro-Fahrzeuge oder Aufdach-Solaranlagen: Green Tech und Green Economy haben häufig den Ruf, zwar tolle Ideen und Produkte zu bieten, die dann aber eher für einen kleinen Kreis gedacht sind oder sich nicht allgemein durchsetzen. Next Kraftwerke leistet jedoch heute schon einen wichtigen Beitrag zur deutschen Stromversorgung, der mehr als nur eine grüne Speziallösung ist. Mit mehr als zwei Gigawatt an vernetzter Leistung bündelt Next Kraftwerke so viel Leistung wie zwei konventionelle Atomkraftwerke und zeigt so heute schon, dass die Green Economy sehr wohl die breite Masse erreicht hat.