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Mobile Solarcontainer für Afrika: Mehr als Strom aus der Sonne

© © Africa GreenTec

 

Die Energiewende kann nur dann erreicht werden, wenn sie auch global umgesetzt wird. Während Deutschland dabei schon auf einem guten Weg ist, sieht es in vielen Teilen der Welt ganz anders aus. In Afrika zum Beispiel haben rund 600 Millionen Menschen noch immer keinen Zugang zu Elektrizität.

Was für viele kaum vorstellbar ist, hat schwerwiegende Folgen für den Kontinent mit der zweitgrößten Bevölkerungszahl der Welt. Denn die unsichere Stromversorgung erschwert nicht nur den Alltag vieler Menschen. Sie steht auch einer umfassenden Bildung und wirtschaftlichen Entwicklungen im Weg.

Die zentrale Versorgung über große Kraftwerke, wie sie beispielsweise in Deutschland lange Zeit üblich war, ist in Afrika keine Option. Denn der dafür notwendige Trassen-Ausbau ist durch weit auseinanderliegende Siedlungen mit wenigen Einwohnern einfach zu teuer. Eine sichere und nachhaltige Strom-Versorgung muss dabei dezentral erfolgen.

Mit mobilen Containern, die Strom aus der Sonne gewinnen, speichern und über kleine Netze verteilen, arbeitet der deutsche Unternehmer und social entrepreneur Torsten Schreiber, zusammen mit einem internationalen Team, am Aufbau einer dezentralen Energieversorgung in Afrika. Im Interview berichtet der bettervest-Mitgründer über Hintergründe, Ziele und Auswirkungen der nachhaltigen Mission mit dem Start-up Africa GreenTec:

 

Wie funktioniert ein mobiler Solarcontainer und warum eignet er sich besonders für den Einsatz in Afrika?

Der Solarcontainer ist eine vollständig funktionsfähige Solaranlage, die mit Wechselrichter und Speicher auf einen ausziehbaren, freitragenden Metallrahmen vormontiert ist. Sie besteht aus zwei horizontalen, ausziehbaren Seitenarmen und einem pneumatischen, ausfahrbaren Dach.

Für Afrika eignen sich die Solarcontainer, weil keine Planung, kein Engineering und keine Fachkenntnisse für eine Montage beim Aufbau Vorort notwendig sind. Die Leistung der Anlagen ist in Clustern flexibel nach oben und unten skalierbar.

Aufbau eines mobilen Solarcontainers. Quelle: www.africagreentec.com

 

Wie seid ihr auf diese Idee gekommen? Gab es einen besonderen Anlass, der die Motivation für das Projekt lieferte?

Die Motivation für das Projekt ist es eine nachhaltige und ökoeffektive Lösung für die Entwicklung von ländlichen Regionen auf der Welt zu schaffen- Entwicklungshilfe 3.0 sozusagen. Mit Strom beginnt in Regionen, in denen es keine Elektrizität gibt, alles. Zum Beispiel Bildung, soziales Leben, Kleingewerbe, Wasser, Hygiene, oder medizinische Versorgung.

Gleichzeitig sind zum Beispiel Staaten in Afrika weder technisch noch finanziell dazu in der Lage, ein flächendeckendes Stromnetz für eine zentrale Energieversorgung aufzubauen. Ländliche Regionen, Dörfer und Städte unter 25.000 Einwohnern bleiben daher dunkel und können sich nicht entwickeln. Insbesondere junge Menschen wandern dabei in Großstädte aus oder begeben sich auf die Flucht (nach Europa).

Diese Entwicklung wird durch den fortschreitenden Klimawandel extrem verstärkt, da es auf dem Land – ohne Stromversorgung - keinerlei Perspektiven gibt. Insbesondere in muslimisch geprägten Ländern haben Extremisten daher auch die Möglichkeit junge, perspektivlose Männer zu rekrutieren. Mit dem Solarcontainer-Konzept bringen wir nicht nur Energie und Strom, sondern auch effektive Methoden, Maschinen und Know-How, insbesondere in der Landwirtschaft weitere Erlös- und Wertschöpfungsketten zu generieren. Motivation liefert daher auch das Wissen um die geopolitischen Zusammenhänge von Klimawandel, Entwicklungszusammenarbeit und Fluchtursachen. Wir wollen handeln und nicht reden und auch nicht (mehr) zusehen.

 

Wie verändert sich das Leben in Afrika, wenn die Mehrheit der Bevölkerung einen sicheren Zugang zu Elektrizität bekommt?

Die Veränderungen sind fundamental und beeinflussen zunächst Dinge und Bedürfnisse, die für uns längst selbstverständlich sind. So können zum Beispiel Mädchen nachts auf die Toilette oder Kinder lernen. Menschen können ihrer Erwerbstätigkeit auch nach Einbruch der Dunkelheit nachgehen und so ihre Produktivität erhöhen. Allein durch Licht, warmes Wasser oder die Möglichkeit Operationsbesteck steril zu halten, kann darüber hinaus sogar die Säuglingssterberate, die aktuell bei knapp 35 % liegt, halbiert werden.

Ist Strom verfügbar, kann außerdem Wasser gereinigt oder befördert werden, um landwirtschaftliche Erzeugnisse weiterzuverarbeiten. Elektrizität ermöglicht es zudem, Lebensmittel zu kühlen und zum Beispiel Milch, Fisch, Fleisch oder Früchte länger haltbar zu machen. Gleiches gilt auch für Ernteerzeugnisse von denen heute bis zu 80 % verrotten.

 

Bis heute habt ihr bereits drei Solarcontainer über Crowdfunding finanziert. Welche Erfahrungen konntet ihr dabei machen?

Crowdfunding ermöglicht es uns, viele Menschen auf die Lebenssituation in Afrika aufmerksam zu machen und zu zeigen, welcher Zusammenhang zwischen unserer Verschwendung von Energie und Ressourcen mit der Ausbeutung von Rohstoffen in Afrika besteht. Da wir alle Finanzierungsintermediäre wie Banken und Regierungen etc. auslassen, kann jeder, der sich schon mit 50 Euro beteiligt nicht nur einen Beitrag zu einer nachhaltigen Veränderung leisten, sondern auch fair am Geschäftsmodell partizipieren.

Insgesamt haben wir bis heute nur positive Erfahrungen gemacht. So erreichen wir schon über eine halbe Million Menschen über Facebook und konnten sogar Kontakte zwischen Strom-Finanzierern und Stromkunden herstellen.

 

Was plant ihr für die Zukunft mit Africa GreenTec? 

Wir möchten unser Konzept zu einem Entwicklungs- Hub ausbauen und weitere Service-Angebote rund um die Solarcontainer-Standorte aufbauen. Beispiele dafür sind Kühlcontainer, Wasserreinigungscontainer, Elektromobilität, Flaschenabfüll-, oder Müllverwertungscontainer. Unser Ziel ist es, ein dezentrales, virtuelles Schwarmkraftwerk zu bauen, das die Menschen weit abgeschiedener Regionen allein mit der Kraft der Sonne mit Elektrizität versorgt – völlig unabhängig von den Schwankungen der fossilen Rohstoffpreise. 

 

Welche Möglichkeiten gibt es, euch zu unterstützen? 

Einerseits natürlich unsere aktuelle Finanzierungskampagne für Djoliba, die erst erfolgreich ist, wenn wir den kompletten Betrag von 346.000 € erreichen. Schon ab 50 Euro kann dabei jeder ein Teil unserer Mission werden. Alle Informationen zum Crowdfunding gibt es hier.

Wer mehr tun möchte, kann auch unserem Verein Africa GreenTEc Help e.V. beitreten. Über diesen nehmen wir Sach- und Geldspenden entgegen und organisieren den Aufbau von Schulen, Gesundheitszentren oder die Partnerschaft für Kinder in Afrika. Weitere Informationen dafür gibt es per Mail unter: info@africagreentec.com

Mehr über Africa GreenTec gibt es hier: YouTube, Facebook, bettervest, africagreentec.com.

Aida und Torsten Schreiber vor dem ersten Prototyp der mobilen Solarcontainer © Africa GreenTec

 

StartGreen ist das Online-Informations- und Vernetzungsportal des Borderstep Instituts für die grüne Gründungsszene in Deutschland. Hier informieren und vernetzen sich grüne Gründerinnen und Gründer, grüne Start-ups, grüne Investorinnen und Investoren und Finanzierende, nachhaltig orientierte Gründungszentren u.v.m. um ihr Wissen und ihre Erfahrungen auszutauschen.

Dieses Projekt wurde gefördert durch
logos von 'Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz' und 'Nationale Klimaschutz Initiative'