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Mediale Präsenz: A und O für Cleantech Start-ups

© © Pydro

Pydro aus Hamburg entwickelt Turbinensysteme für Wasserrohrleitungen, die Energieüberschüsse in nutzbare elektrische Energie umwandeln. Die Finalisten des StartGreen Awards 2016 haben einen großen Plan: Die weltweiten Wasserverluste auf 2 Prozent zu drücken. StartGreen sprach mit Gründer Mulundu Sichone über die Vorteile von Gemeinschaftsmodellen für Start-ups und E-Autos mit Trinkwasserkraft.

 

Welche Mission verfolgt ihr? Auf welche Weise leistet ihr einen positiven Beitrag für die Umwelt?

Hätten Sie gewusst, dass in der Wasserversorgung im Schnitt 30 Prozent des mühsam aufbereiteten Wassers auf dem Weg zum Wasserhahn wieder verloren geht? Es gibt Länder, die sogar mehr als 60 Prozent ihres Wassers verlieren. Und das alles passiert, weil zu viel Pumpenenergie in die Rohrleitungen gesteckt wird, die wiederum Risse, Rohrbrüche und eben die immensen Leckagen verursacht.

Viele Wasserversorger in Deutschland haben im Schnitt einmal die Woche einen Rohrbruch und ich rede nur von dem, was man auf der Oberfläche mitbekommt. Ein Großteil der Leckagen bleibt nämlich über Jahre unter der Erde unentdeckt. In Deutschland alleine werden jährlich 1,6 Milliarden Euro in die Rohrnetzsanierung gesteckt, um diese Wasserverluste zu minimieren. Europaweit werden insgesamt 20 Milliarden Euro in das 3,5 Millionen Kilometer umfassende Rohrleitungsnetz gesteckt.

Leider reichen die jährlichen Rohrnetzsanierungen bei weitem nicht aus, um die Rohrbrüche und Leckagen nachhaltig zu minimieren. Ich vergleiche das gerne mit einem Gartenschlauch, der über die Jahre zwei oder mehr Rissen bzw. Löcher bekommen hat. Je mehr Druck auf der Leitung ist, desto mehr Wasser spritzt durch die Löcher. Wenn Sie ein Loch mit einem Finger zuhalten, so spritzt einfach noch mehr Wasser aus den anderen Loch und der Riss im zweiten Loch wird dadurch sogar noch größer.

Das passiert momentan mit unseren Rohrleitungen! Wir haben pydro gegründet, weil wir wortwörtlich etwas gegen diese immensen Wasserverluste unternehmen wollen. Unsere Mission besteht daher auch darin, auf das Thema Wasserverluste aufmerksam zu machen.

Leider ist dieses Thema noch für zu viele Menschen „eine unbequeme Wahrheit“.

 

Was muss aus eurer Sicht getan werden?

Um die immensen Verluste in Versorgungsnetzen nachhaltig zu reduzieren, ist ein flächendeckendes Zwei-Wege-Echtzeitnetzwerk mit einer Vielzahl von Sensoren und Regelventilen erforderlich. Dabei kann z.B. der unkontrolliert schwankende Versorgungsdruck aktiv geregelt werden um die Wasserverluste zu reduzieren, die Effizienz zu steigern und die Entstehung von neuen Rohrbrüchen zu vermindern. Jedoch haben bisher Standortprobleme und die, für die Anlagen benötigte Energieversorgung, den Einsatz neuer Technologien verhindert. Rohre sind unter Straßen und Bürgersteigen vergraben und nur schwierig und teuer zu erreichen.

Mit unseren modularen Wasserturbinen, die Sensoren und Anlagen innerhalb von Wasserverteilungsnetzen mit Strom versorgen, tragen wir dazu bei, mehr Daten und Automatisierung für Smart Water Networks zu schaffen, um so die massiven Wasserverluste zu bekämpfen.

 

Ihr seid jetzt seit ca. 2 Jahren in der Gründerszene aktiv. Gibt es bestimmte Herausforderungen speziell in eurer Branche?

Man muss bedenken, dass die Wasserwirtschaft keine einfache Branche ist. Schließlich muss sie dafür sorgen, dass unsere wichtigste Ressource, nämlich Wasser, täglich und in ausreichender Menge in einer guten Qualität verfügbar ist. Neben ihrer Hauptaufgabe sind die Wasserversorger täglich dem Druck durch Urbanisierung, Wasserknappheit, steigender Energiepreise und alternder Wasserversorgungsnetze ausgesetzt. Wenn man das alles zusammennimmt wird klar, dass die Versorger unter enormem politischen Druck stehen.

Man kann es also nachvollziehen, dass man als Wasserversorger nicht unbedingt durch hohe Wasserverluste auffallen will und eher optimistische Zahlen angibt.

In den letzten 2 Jahren haben wir aber als Start-up eine Branche kennengelernt, in der die Unternehmen gemeinsam an einem Strang ziehen, um den Herausforderungen zu begegnen. Das sieht man zum Beispiel an dem Gemeinschaftsmodell unserer Partnern Krohne und VAG, die mit Phoenix Contact gemeinsam an der Bekämpfung von Leckagen arbeiten. Solche Gemeinschaftsmodelle bieten gerade für Start-ups wie pydro eine große Chance, Kaufbarrieren abzubauen und skalierbare Lösungen beizusteuern.

Des Weiteren entstehen gerade in Europa einige Demosites, wo neue Ideen unter realen Bedingungen und einem geringen Risiko erprobt werden können. Ich würde mich freuen, wenn es so etwas hier in Deutschland auch geben würde. Gerade wir sind auf einen Zugang zu Prüfständen angewiesen. Ich bin froh, dass wir Partner haben, die uns das kostenlos ermöglichen.

Im Allgemeinen haben wir das Gefühl, dass wir momentan als Start-up in der Wasserwirtschaft zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind, weil sich sehr viel in dieser Branche tut und neue Ideen sehr willkommen sind.

Wir haben aber auch festgestellt, dass seitens der Politik noch sehr viel gemacht werden muss, um den Wasserversorgungsunternehmen den Weg in die Digitalisierung zu ebnen.

 

Könnt ihr dafür ein Beispiel nennen?

Das Thema Energierückgewinnung und Energieeffizienz ist ein gutes Beispiel. Dabei ist es ein weitverbreiteter Irrglaube, dass man durch eine höhere Vergütung der Trinkwasserkraft, die Wasserversorger dazu ermutigen würde, mehr Energie zu pumpen, um mehr Energie für die Einspeisung zurückzugewinnen. Es würde sich technisch & wirtschaftlich nicht für die Wasserversorger lohnen, für diesen Zweck mehr zu pumpen, weil man nur ein Teil der Energie zurückgewinnen kann und mit solch einem Geschäftsmodell sogar Verluste machen und die Rohrleitungen beschädigen würde. Umgekehrt würde die Anerkennung von Trinkwasserkraft dazu führen, dass Einsparpotentiale gehoben werden könnten. Das gilt denke ich im Allgemeinen für alle Pumpensysteme, die in der Industrie 30% der Energie verbrauchen und ca. 60% wieder ungenutzt vernichten.

 

Die gewonnene Energie durch eure Turbine wird nicht als Erneuerbare Energie im Sinne des EEG-Gesetzes anerkannt, sodass ihr auch keine staatliche Förderung beantragen könnt. Was bedeutet das für pydro?

Eigentlich nicht viel. Wir haben unser Geschäftsmodell vorerst von der Einspeisevergütung entkoppelt. Der Smart Water Network Markt ist für uns sogar der wesentlich lukrativere Markt mit dem wesentlich größeren Impact.

Langfristig können wir uns auch vorstellen, Energie lokal an Ladestationen zuliefern. Es wäre doch interessant, wenn E-Autos auch mit Trinkwasserkraft angetrieben werden könnten, oder?

Wir sind aber sehr dankbar dafür, dass es im Allgemeinen überhaupt Fördermöglichkeiten gibt, die uns das ermöglichen was wir bei pydro machen.

Natürlich verfolgen wir die Gesetzgebung aufmerksam - aber die Lektion die wir gelernt haben ist, dass man versuchen sollte, sein Geschäftsmodell und damit auch seinen Erfolg, nicht von politischen Entscheidungen abhängig zu machen.

 

Vor kurzem habt ihr eine zweite Version für eure Turbine entwickelt. Hat in den letzten Jahren die Nachfrage nach eurem Produkt zugenommen?

Ja, definitiv. Das merkt man nicht zuletzt daran, dass wir noch da sind.

Lösungen für eine autarke Stromversorgung von Smart Water Technologien übernehmen eine wichtige Rolle, wenn es um die Digitalisierung in der Wasserwirtschaft geht.

 

Nach eurer erfolgreichen Teilnahme beim StartGreen Award wart ihr 2017 auch beim GreenTec Award in der Kategorie Energie erfolgreich. Welchen Mehrwert hat die Teilnahme an verschiedenen Wettbewerben für pydro?

Neben Preisgeldern bekommt man durch die Teilnahme an Wettbewerben direktes Feedback auf die eigenen Ideen. Beides kann einem Unternehmen dabei helfen voranzukommen.

Ein gutes Beispiel dafür ist das Perfect Match Event von Gelsenwasser, das wir gemeinsam mit Perto 2018 gewonnen haben. Dadurch stehen uns persönliche Mentoren von Gelsenwasser zur Seite, die gemeinsam mit uns an dem Konzept arbeiten.

Des Weiteren spricht sich, durch die Teilnahme an Wettbewerben, die Idee herum. Andere werden auf einen aufmerksam. Auch wenn ich persönlich nicht unbedingt eine Rampensau bin weiß ich, dass dies für pydro die Chance bietet, Kooperationspartner und Kunden zu gewinnen.

Gerade für Cleantech Start-ups ist es wichtig, medial präsent zu sein, weil man zwangsläufig auch ein Botschafter für ein Umweltproblem ist. Wir bekommen beinahe täglich Anfragen und Anregungen alleine dadurch, dass wir an bestimmten Wettbewerben teilnehmen.

 

Welche Tipps habt ihr für die diesjährigen Bewerberinnen und Bewerber des StartGreen Awards?

Habt keine Angst davor mal zu scheitern. Alleine durch eure Ideen macht ihr auf ein wichtiges Umweltproblem aufmerksam. Des Weiteren ist es wichtig, eine gute Portion Geduld und Ausdauer mitzubringen. Ihr wollt schließlich etwas aufbauen was euch im besten Fall überdauert.

 

Und wie sieht eure langfristige Vision für pydro aus?

Mit der pydro GmbH wollen wir der weltweit führende Energieversorger für Systeme entlang der intelligenten Wasserinfrastruktur werden. Unsere Vision ist es, eine nachhaltige und smarte Wasserwirtschaft von morgen mitzugestalten und die Wasserverluste auf 2% zu minimieren.

StartGreen ist das Online-Informations- und Vernetzungsportal des Borderstep Instituts für die grüne Gründungsszene in Deutschland. Hier informieren und vernetzen sich grüne Gründerinnen und Gründer, grüne Start-ups, grüne Investorinnen und Investoren und Finanzierende, nachhaltig orientierte Gründungszentren u.v.m. um ihr Wissen und ihre Erfahrungen auszutauschen.

Dieses Projekt wurde gefördert durch
logos von 'Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz' und 'Nationale Klimaschutz Initiative'