Nachrichten

Kreislaufwirtschaft statt Plastikmüll
© © Rolf Schulten - Borderstep
Die POLYSECURE GmbH aus Freiburg revolutioniert die Kreislaufwirtschaft mit einer innovativen Sortiertechnologie. Damit können Materialien effizient getrennt und dadurch sortiert werden, z.B. bisher nicht zu trennende Abfallkunststoffe. Mit dieser Innovation siegte Polysecure beim StartGreen Award 2017 in der Kategorie Junges Unternehmen. StartGreen sprach mit dem Team über die Herausforderungen struktureller Innovationen und über ihre Pläne für den Gelben Sack.
Mit welchem Projekt hatte sich Polysecure für den StartGreen Award 2017 beworben?
Bei uns ging es um unsere neue Sortiertechnologie: Tracer Based Sorting (TBS). Dieses Verfahren ermöglicht, dass Materialien durch Tracer verlässlich erkannt und dadurch Materialströme auf einen Schlag in alle gewünschten Fraktionen effizient sortiert werden können. So könnten erstmals Abfallkunststoffe z.B. in die Untergruppen der Hauptpolymere sortiert oder zwischen Lebensmittel und Nicht-Lebensmittel getrennt werden. Beides ist erforderlich, wenn wir wirklich zu einer Kreislaufwirtschaft kommen wollen.
Für das Tracer Based Sorting werden Materialien, insbesondere Kunststoffe, zunächst markiert. Hierzu mischen wir spezifisch fluoreszierende Partikel in Etiketten, Druckfarben oder direkt in die Kunststoffe. Diese Partikel (Tracer) können dann unabhängig von der Materialzusammensetzung identifiziert und dadurch die Kunststoffe sortiert werden.
Welche Mission und Vision verfolgt ihr? Auf welche Weise leistet ihr einen positiven Beitrag für die Umwelt?
Wir sind Pionier beim TBS und die einzige Firma, die sowohl Marker als auch Sortiermaschinen aus einer Hand anbietet. Ferner setzen wir die Marker auch zum Plagiatschutz bzw. zur Authentifizierung von Produkten ein und könnten beide Nutzungen kombinieren. Hieraus kann eine synergetische Lösung für zwei globale Herausforderungen erwachsen: Kreislaufwirtschaft und Produktpiraterie.
Tracer Based Sorting kann einen wesentlichen Beitrag für die Umwelt leisten. Beispielsweise schätzen wir, dass TBS für die Sortierung und damit für das werkstoffliche Recycling von 10 - 25 % aller Verpackungskunststoffe eine entscheidende Rolle spielen könnte. Dies entspricht rund 2 - 5 Millionen Tonnen in Europa, weltweit mindestens 10 - 25 Millionen Tonnen. Man muss sich vorstellen, dass diese Mengen dann wiederverwendet werden können, statt deponiert oder verbrannt zu werden. Daraus folgen sehr große CO2-Minderungen von global mindestens 20 - 50 Millionen Tonnen CO2. Außerdem wird durch das Recycling auch der Rohstoffverbrauch reduziert.
TBS kann nicht nur einen technischen Beitrag leisten, sondern die Menschen auch von der Machbarkeit einer Kreislaufwirtschaft überzeugen. Insofern kann TBS einen wirklichen Wandel unterstützen.
Ihr seid jetzt schon einige Zeit in der Gründerszene aktiv. Gibt es bestimmte Herausforderungen speziell in eurer Branche?
Bei uns gibt es im Prinzip drei große Herausforderungen:
Wir haben unsere innovative Technologie erst nach der Gründung entwickelt, was erhebliche Investitionen in Labor, Geräte und Köpfe erfordert. Dies hat zur Folge, dass man auch über einen längeren Zeitraum die entsprechende Finanzierung und Investoren benötigt.
Eine weitere Herausforderung ist, dass es in Deutschland bereits zahlreiche Sortieranlagen gibt. Unsere Technologie würde bestehende Strukturen mindestens teilweise ersetzen. Ferner müssten die Betreiber von Sortieranlagen in unsere neue Technologie investieren. Daher bestehen erhebliche Widerstände gegen die neue Technologie, wie immer bei strukturellen Innovationen, auch wenn diese insgesamt technisch besser und wirtschaftlicher wären.
Die dritte Herausforderung bei der Umsetzung von TBS liegt in der erforderlichen Abstimmung zwischen unterschiedlichen Akteuren. Die Politik muss die entsprechenden Rahmenbedingungen vorgeben und deren Einhaltung einfordern, große Hersteller und die Recyclingindustrie müssen sich miteinander abstimmen.
Diese Herausforderungen gehören aber einfach dazu. Es ist wie bei einer Bergtour, bei der man sich auch erst einmal richtig anstrengen muss, bevor man am Gipfel ankommt.
Wie habt ihr eure ersten Kunden gefunden und wie hat sich die Tracer Based Sorting-Technologie entwickelt?
Die PVC-Fensterprofil-Industrie wollte und muss PVC mit und ohne Glasfaser trennen, was aber durch konventionelle Sortiertechnik nicht möglich war. Wir haben die Branche überzeugt, unser technisches Konzept auf Basis des TBS zu testen. Jeder Entwicklungsschritt erfüllte, was wir versprochen hatten, so dass wir die Lösung mit der Industrie zu Ende entwickeln konnten. Hierfür haben wir auch die erste industrielle Sortiermaschine für Tracer Based Sorting konstruiert und gebaut. Unser erster Kunde ist Rehau.
Derzeit setzen wir das BMBF-Projekt „MaReK“ innerhalb des Forschungsschwerpunkts „Plastik in Umwelt“ gemeinsam mit dem Grünen Punkt, Werner & Mertz, dem KIT und der Hochschule Pforzheim um. Bei MaReK geht es um die Anwendung des Polysecure-Verfahrens für Kunststoffverpackungen im so genannten gelben Sack. Hier fordert das neue Verpackungsgesetz eine erhebliche Anhebung der werkstofflichen Recyclingquote auf 63 %. Die erarbeiteten Lösungen sind übertragbar auf alle Länder der Welt, die in der Regel stärker unter Kunststoffen in der Umwelt leiden.
Welchen Mehrwert hatte die Teilnahme am StartGreen Award für Polysecure?
Um TBS zu etablieren, benötigen wir ein gutes Netzwerk. Der Gewinn des Preises unterstützte uns dabei. Wir konnten bereits bei der Preisverleihung interessante Kontakte knüpfen. Darüber hinaus macht es auch weitere Schritte leichter. Wenn bereits eine kompetente Gruppe von Menschen und Institutionen die Technologie im wahrsten Sinne des Wortes „ausgezeichnet“ findet und dies auch öffentlich darstellt, lassen sich weitere Türen leichter öffnen. Beispielsweise wurde im Anschluss an die Preisverleihung viel über Polysecure und unsere neue Technologie in den Medien berichtet.
Gerade um fundamentale nachhaltige Innovationen in Gang zu bringen, ist ein solcher Preis wertvoll. Der StartGreen Award bestätigte uns, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben und sendet dieses Signal auch nach außen.
Welche Tipps habt ihr für die diesjährigen Bewerberinnen und Bewerber des StartGreen Awards?
Unser wichtigster Tipp ist, sich beim StartGreen Award zu beteiligen. Neben den oben genannten Aspekten lohnt es sich auch für das Unternehmen selbst, das eigene Produkt in der Bewerbungsphase anzusehen, im Vergleich zu den erfragten Kriterien zu analysieren und dann authentisch zu präsentieren.