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Im Fokus: Nachhaltige Geschäftsmodelle
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Grüne Gründer entwickeln aus Geschäftsideen nachhaltige Geschäftsmodelle. Sie setzen häufig Nachhaltigkeitsinnovationen um, die hohe Anfangsinvestitionen nach sich ziehen. Zugleich stehen sie vor der Herausforderung, Prinzipien der Wirtschaftlichkeit mit Prinzipien der Nachhaltigkeit zu verbinden.
Merkmale nachhaltiger Geschäftsmodelle
Nachhaltige Geschäftsmodelle fußen auf Geschäftsideen, die einen Beitrag für Umwelt und Gesellschaft leisten. Sie begründen ein Geschäft, welches auf den Prinzipien der Nachhaltigkeit aufbaut und diese ins Unternehmerische übersetzt. Wie bei anderen Geschäftsmodellen auch, steht bei ihnen der Nutzen bzw. das Werteversprechen für ihre Kunden und Partner im Vordergrund. Nachhaltige Geschäftsmodelle bieten kreative Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit, insbesondere hinsichtlich des Schutzes von Klima, Umwelt, Artenvielfalt und natürlicher Ökosysteme.
Durch grüne Geschäftsmodelle entstehen nicht nur neue nachhaltige Produkte und Dienstleistungen, sondern sind in den letzten Jahren vollkommen neue Branchen entstanden, wie beispielsweise die „Share Economy“. Mit dieser wurde das Angebot von Waren und Dienstleistungen vollkommen neu gestaltet. Dabei steht nicht der Verkauf, sondern die (Be-) Nutzung dieser im Vordergrund. Das wiederum führt zu einer Substitution industrieller Güter durch Dienstleistungen. Aus diesen resultieren ebenso zahlreiche Dienstleistungsinnovationen, die sich in den Geschäftsmodellen widerspiegeln.
Nutzen nachhaltiger Geschäftsmodelle
Der Nutzen nachhaltiger Geschäftsmodelle liegt darin, dass sie zu einem verringerten Materialeinsatz und damit Ressourcenverbrauch beitragen. Ebenso sinkt der Energiebedarf. Dadurch können Ressourcen geschont und Energie eingespart werden. Mithilfe nachhaltiger Geschäftsmodelle wird weniger produziert, mehr repariert und findet eine Verschiebung der Verantwortlichkeiten für die produzierten Leistungen hin zum Anbieter statt. Zugleich ermöglichen sie eine hohe Verfügbarkeit von Waren und Dienstleistungen, verringern Investitionskosten und Platzbedarf.
Gründer, die nachhaltige Geschäftsmodelle umsetzen, schaffen einen Mehrwert für die gesamte Gesellschaft. Sie nutzen dazu häufig neueste Erkenntnisse und Technologien, um diesen Mehrwert zu generieren. Sie stellen eine positive Verknüpfung zwischen einer nachhaltigen Entwicklung des Unternehmens, der Gesellschaft und der Umwelt her. Durch Einsparungen von Energie und Ressourcen lassen sich beispielsweise nicht nur Kosten bei der Herstellung von Gütern reduzieren, sondern auch ökologische und soziale Verbesserungen in der Lieferkette bewirken.
Über Produkt- und Nachhaltigkeitsinnovationen lassen sich neue Marktsegmente erschließen, können Unternehmen ihre Reputation erhöhen und die Identifikation sowie Bindung von Mitarbeitern gesteigert werden. Insgesamt lassen sich durch die Umsetzung von Nachhaltigkeitsinnovationen Wettbewerbsvorteile für Unternehmen generieren. Grüne Start-ups und Unternehmen sind mit ihren nachhaltigen Geschäftsmodellen Innovations- und Wachstumstreiber. Sie tragen zur Verwirklichung gesellschaftlicher Ziele und Interessen bei.
Tools zur Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle
Damit grüne Gründer bei der Umsetzung ihrer nachhaltigen Geschäftsmodelle erfolgreich sind, haben sie den Spagat zwischen Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zu bewerkstelligen. Dass es sich bei den grünen Gründungen um keine reinen Wohltätigkeitsgründungen handelt, weiß auch Hochschulprofessor Christoph Zacharias von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg vom Fachbereich Entrepreneurship und Social Business.
„Start-ups können sich nicht auf einer grünen und nachhaltigen Ausrichtung ausruhen. Auch sie müssen kostendeckend arbeiten und sich nach der Nachfrage der Konsumenten richten, sonst können sie nicht überleben.“ Grüne Gründer müssen beides leisten, damit sie erfolgreich am Markt operieren können und überlebensfähig sind.
Daher benötigen grüne Gründer ein klares Verständnis von ihrem Geschäftsmodell. Es erfordert eine grundlegende Analyse und klare Strukturierung des Zusammenspiels von Angebot und Kundennutzen, Art und Weise der Wertschöpfung, Identifikation wichtiger Partner sowie Umsatz- und Finanzplanung.
An diesem Punkt setzt auch das Studienmodul „Eco-Venturing an, das seit sechs Jahren in Kooperation des Lehrstuhls für Innovationsmanagement und Nachhaltigkeit von Professor Klaus Fichter und dem Stiftungslehrstuhl für Entrepreneurship von Professor Alexander Nicolai an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg durchgeführt wird.
Das Modul kann im Rahmen des Studienschwerpunktes „Eco-Entrepreneurship“ belegt werden. Grüne Gründer und Praxispartner erarbeiten in diesem gemeinsam mit Studierenden unterschiedlichster Fachrichtungen konkrete Geschäftsideen, die sie in nachhaltigen Geschäftsmodellen umsetzen. Das einzigartige Modulkonzept wurde mit dem Hans-Sauer-Preis im Wettbewerb um die „Förderung von Umweltinnovationen“ ausgezeichnet.
„Unternehmer und Unternehmen müssen innovative Antworten auf die Herausforderungen ihrer Zeit geben“, betont Professor Klaus Fichter, Initiator des Studienmoduls. Im Fokus des Moduls stehen innovative Lösungen für grüne Zukunftsmärkte. Mit dem Angebot schließt die Universität die Lücke, die bislang hinsichtlich der Vermittlung von Kompetenzen und Qualifikationen für das unternehmerische Handeln zur Lösung von Umwelt- und Nachhaltigkeitsanforderungen besteht.
Insgesamt fehlt es derzeit an Lehrangeboten, die sich systematisch mit der Entwicklung von nachhaltigkeitsorientierten Gründungs- und Geschäftsideen beschäftigen. Auch im Ausland gibt es erst wenige Angebote. Eine der wenigen Universitäten ist beispielsweise die Bren School of Environmental Science and Management der University of California Santa Barbara. In Deutschland sind es insbesondere die Leuphana Universität Lüneburg und die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, die dem Thema Nachhaltigkeit in Lehre und Forschung einen hohen Stellenwert beimessen.
Sustainable Business Canvas
Der Einsatz bewährter Managementtools ist bei der Entwicklung von nachhaltigen Geschäftsmodellen hilfreich. Ein Instrument, welches grünen Gründern bei der Entwicklung ihrer nachhaltigen Geschäftsmodelle hilft, ist das Sustainable Business Canvas. Das Tool wurde im Rahmen des Projektes StartUp4Climate entwickelt. Seine Praxistauglichkeit wurde bereits im Rahmen verschiedener Workshop-Angebote mit Gründern und Studierenden unter Beweis gestellt.
Beim „Sustainable Business Canvas“ handelt es sich um die weiterentwickelte Form des klassischen „Business Model Canvas“ von Osterwalder und Pigneur (2011). Es handelt sich hierbei um ein praktisches Tool zur Entwicklung und Visualisierung von Geschäftsmodellen. Das „Business Model Canvas“ hilft dabei, die wesentliche Elemente eines Geschäftsmodells zu erarbeiten und das Zusammenspiel der einzelnen Elemente zu verstehen.
Ein überaus wichtiger Aspekt kommt beim „Business Model Canvas“ jedoch nicht zum Tragen: Wie gestalte ich ein Geschäftsmodell nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch und sozial nachhaltig? Hier setzt das „Sustainable Business Canvas“ an und berücksichtigt neben den wirtschaftlichen Aspekten zusätzlich ökologische und gesellschaftliche Aspekte.
Damit ergänzt das „Sustainable Business Canvas“ die klassischen erfolgsrelevanten Faktoren eines Geschäftsmodells und erweitert diese um die Bereiche Vision/Mission, ganzheitliche Betrachtung der Wertschöpfung sowie Berücksichtigung von Stakeholdern, die jenseits der Kunden für den Erfolg der Gründung von Bedeutung sind.
Ab Herbst dieses Jahres können Gründer mit grünen Geschäftsideen auf das Tool zugreifen. Es wird zusammen mit weiteren Tools für Gründer über das Portal StartGreen zur Verfügung gestellt. Damit können Gründer Nachhaltigkeit systematisch in ihre Geschäftsmodellprozesse integrieren.
Für alle, die sich bereits jetzt Gedanken über ihr nachhaltiges Geschäftsmodell machen, gibt es das Webinar von Professor Klaus Fichter. Es wurde im Rahmen des Businessplan-Wettbewerbs Berlin-Brandenburg (BPW) im letzten Jahr zum Thema Nachhaltigkeit durchgeführt. Der BPW ist einer der ersten Businessplanwettbewerbe, der sich dem Thema Nachhaltigkeit beim Gründen angenommen hat. Er hat entsprechende Workshopangebote in das Seminarangebot aufgenommen und verleiht den Sonderpreis für Nachhaltigkeit.
Die Vortragsfolien zum Webinar finden sie unter folgendem Link: Handout
Welchen Einfluss nachhaltige Geschäftsmodelle auf Unternehmen haben und wie Unternehmen nachhaltige Geschäftsmodelle entwickeln können, erforscht derzeit auch ein Forscherteam der Leuphana Universität in Lüneburg. In dem Forschungsprojekt Nachhaltige Geschäftsmodellbewertung entwickeln die Forscher eine Methode, in der Unternehmen ihre Geschäftsmodelle auf Nachhaltigkeit prüfen und optimieren können. Gemessen, bewertet und verbessert werden beispielsweise Merkmale wie CO2-Emissionen, ethische Arbeitsbedingungen oder Ressourcenbedarf.
Die Methode ist insbesondere an kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) adressiert. „Wer sich systematisch mit seinem Geschäftsmodell auseinandersetzt, kann neue Wege zur Lösung gesellschaftlicher und ökologischer Probleme öffnen und gleichzeitig seine Wettbewerbsfähigkeit erhalten oder sogar ausbauen“, ist der Leiter des Centre for Sustainability Management und Projektleiter Prof. Dr. Stefan Schaltegger überzeugt.
„Nachhaltige Unternehmen können als Arbeitgeber und Anbieter neuer Lebensstile langfristig eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung wesentlich voran bringen und dabei den Unternehmenserfolg stärken." Bis zum Herbst 2015 soll die neue Methode fertiggestellt sein.