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Heldenmarkt im Interview

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Heldenmarkt im Interview

 

Für alle Eiligen: Worum genau geht es in Ihrem Projekt?

Der Heldenmarkt ist eine Messe für nachhaltigen Konsum. Drei T-Shirts für 5,- € im Einkaufszentrum? 600 g Hackfleisch für 2,99 € beim Lebensmitteldiscounter? 10.000 € Umweltprämie für deinen Diesel? Da stimmt so vieles nicht und immer mehr Menschen fällt das auf. Der Heldenmarkt ist für alle, die was merken! Faire Kleidung, Biolebensmittel, nachhaltige Mobilität und vieles mehr.

 

Wie kam Ihnen die Idee zu Ihrem Vorhaben?

Vom Recycling-Turnschuh zur führenden Messe für nachhaltigen Konsum

Angefangen hatte alles im Jahr 2009 mit einem Turnschuh, der zu 99% aus Recyclingstoffen besteht. Diesen Schuh wollte Lovis Willenberg unbedingt haben, musste aber feststellen, dass er nirgends in Deutschland erhältlich war. Zu diesem Zeitpunkt betrieb er einen Plattenladen in Berlin-Prenzlauer Berg. „Händler bin ich ja bereits, warum importiere ich den Schuh nicht selbst?“, dachte sich Lovis damals – kurz darauf stand zwischen all dem Vinyl ein Paar Sneakers, das ganz ohne Sweat Shop oder Verschwendung von natürlichen Ressourcen produziert wurde. Bei dem Paar Turnschuhe sollte es aber nicht bleiben, denn nun war Lovis Entdeckergeist geweckt: Er machte sich auf die Suche nach weiteren Produkten und stellte fest, dass es in fast allen Lebensbereichen ökologisch und sozial verträgliche Alternativen zu den herkömmlichen Konsumgütern gab: Angefangen bei Bio-Lebensmitteln über Gürtel aus alten Fahrradreifen bis hin zu Versicherungen. Um diese neuen Entdeckungen auch seinen Mitmenschen präsentieren zu können, dafür fehlte schlicht der Platz im Plattenladen. Da dämmerte es ihm: Es musste eine Plattform her, auf der Produzent*innen ihre umweltfreundlichen und unter fairen Bedingungen produzierten Waren einer breiten Öffentlichkeit präsentieren können. Die Idee zum Heldenmarkt war geboren.

Neben dem eigentlichen Beruf und oftmals bis spät in die Nacht am Laptop sitzend organisierte Lovis den ersten Heldenmarkt mit 65 Ausstellern im Berliner Postbahnhof. Das war 2010. Seitdem hat das Projekt eine enorme Entwicklung durchgemacht: Aus dem Initiator in Eigenregie ist ein Unternehmer und aus den eigenen vier Wänden sind Büroräume mit Platz für sieben Mitarbeiter*innen geworden. Seitdem war der Heldenmarkt nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch in Hamburg, München, Stuttgart, Düsseldorf, Leipzig und Frankfurt zu Gast.

Trotz Weiterentwicklung und Wachstum, der Antrieb hinter dem Heldenmarkt ist immer noch derselbe: Lovis und sein Team möchten eine Lebensweise aufzeigen, die den Einklang mit den ökologischen und sozialen Ressourcen der Erde anstrebt. Es geht nicht darum komplett auf Konsum zu verzichten, sondern deutlich zu machen, dass es zahlreiche Alternativen zum konventionellen Überangebot gibt – Produkte, die biologisch, fair und meist regional erzeugt werden und durch hohe Qualität überzeugen. Klasse statt Masse.

„Nachhaltig zu konsumieren ist kein Zustand sondern ein Weg“

Beim Besuch des Heldenmarktes erwartet die Besucher*innen die Welt en miniature: fast alle Lebensbereiche werden abgedeckt – von Ernährung über Mode und Beauty bis hin zu Bauen und Immobilien. Dabei ist es allein den Besucher*innen überlassen, welche persönlichen Schwerpunkte sie setzen wollen: Sei es der vegane Lebensstil, ein plastikfreies Leben, die Rückkehr zum Regionalen, ein minimalistisches Leben oder von allem etwas – die Besucher*innen werden umfassend informiert und treffen auf Händler*innen und Aussteller, die zum Kennenlernen, Probieren und Kaufen einladen. Praktische Alltagstipps inklusive.

Im Rahmen von Fachvorträgen, Workshops und Ausstellungen werden einzelne Sichtweisen vertieft und genauer beleuchtet, wobei stets genügend Raum für einen intensiven Austausch und Diskussionen geboten ist. „Wir möchten Anregungen liefern und zeigen, wie es sich im Alltag nachhaltiger und bewusster leben lässt – ganz ohne erhobenen Zeigefinger! Wir wollen keine einzige ‚Wahrheit‘ propagieren, sondern vielmehr das ganze Spektrum nachhaltiger Lebensweisen aufzeigen. Nachhaltigkeit ist für viele immer noch ein sehr großer, respekteinflößender Begriff. Wir möchten Hemmschwellen abbauen und bei den Besucher*innen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass tatsächlich jeder nachhaltig(er) leben kann. Nachhaltig zu konsumieren ist kein Zustand, sondern ein Weg“, so Lovis Willenberg.

 

Wer hat Sie dabei unterstützt?

Lovis Frau hat ihm den Rücken freigehalten, damit er sich voll um die Planung kümmern konnte und war ihm währenddessen eine wertvolle Sparringspartnerin. Darüber hinaus natürlich Familie und Freunde, Bekannte und Gleichgesinnte. Es war sehr unterstützend zu sehen, dass es viele Verrückte wie ihn gab die einfach mal was machen und vom Reden ins Handeln kommen.

 

Welche Herausforderungen sehen Sie an Ihrem Beispiel für grünes Gründen in Deutschland?

Sich „grün“ zu verhalten und es zu sein ist das eine, was aus der eigenen Überzeugung idealerweise leicht von der Hand geht. Sich die Glaubwürdigkeit zu erarbeiten, damit man nicht in der Schublade mit der „Umweltprämie“ oder einer „Conscious Collection“ landet, das andere. Diese Glaubwürdigkeit ist das größte Hab und Gut, und das gilt es auch gegen eventuelle Markteinflüsse zu schützen bis es endlich alle Kunde*innen wissen und honorieren.

 

Was leistet Ihr Projekt für den Klimaschutz? Wie trägt es zum Wandel in der Gesellschaft bei?

Wenn man sich die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) ansieht, sticht Ziel 12 „Verantwortungsvoller Konsum“ heraus. Dies ist unser Kernthema, indem wir Anbieter ethisch/ökologischer Alternativen mit interessierten Besucher*innen zusammenbringen. In der Diskussion, welche Gruppe eigentlich die Verantwortung für einen nachhaltigeren Konsum trägt, Verbraucher*innen, Wirtschaft oder Politik, wenden wir uns klar an die Schnittstelle zwischen Verbraucher*innen und Wirtschaft. Politik und Wirtschaft mögen am Ende mehr Einfluss haben, damit Politik handeln kann und Wirtschaft handeln möchte, braucht es aber ein Milieu, welches das von ihnen verlangt. Auf dem Heldenmarkt schaffen und zeigen wir dieses Milieu und die Nachfrage, regen zu Diskussionen an und bieten Raum zur Vernetzung.

Der Heldenmarkt, als „Projekt Nachhaltigkeit 2017“ ausgezeichnet, bringt im Jahr mittlerweile ca. 500 Aussteller mit 40.000 Besucher*innen zusammen und kann stetiges Wachstum verzeichnen. Unser Rahmenprogramm, 2012 bis 2014 von der UNESCO Kommission als „Beitrag zur UN-Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet, erreicht 300 bis 500 Besucher*innen je Veranstaltungswochenende.

Hinzu kommt, dass wir bei der Veranstaltungsdurchführung auf einen möglichst geringen Einfluss auf unsere Umwelt bedacht sind und damit zeigen, was auch für kleinere Akteure möglich ist. Wir kompensieren unsere Anreise und die der Aussteller per Humusaufbau auf deutschen Biohöfen über „Regional Kompensiert“. Bei Locations ohne Ökostrom speist unser Partner Naturstrom den Verbrauch als Ökostrom zur Kompensation ein. Drucksachen kommen nur von einer zertifiziert ökologischen Druckerei, fast alle Dienstleister sind aus der jeweiligen Region und das Catering ist Bio. Unsere Aussteller müssen strengen Kriterien genügen, so gibt es nur echten Ökostrom, nur Bio-Lebensmittel, nur Naturkosmetik und nur wirklich ethische Finanzdienstleister. Unser Messebau aus recycelten Werbeplanen hinterlässt nach dem Abbau außer ein paar Kabelbindern keinen Müll und alle Abfälle zusammen (Catering, Messebau, Besucher*innen) konnten wir auf 40g pro Besucher*in / Tag reduzieren.

 

Welches Geschäftsmodell steckt hinter Ihrem Vorhaben?

Als Veranstalter von Messen mieten wir Veranstaltungslocations und bringen dort Aussteller, Referent*innen und Aktivist*innen mit Besucher*innen zusammen. Wir erwirtschaften unsere Erlöse hauptsächlich über die Vermietung von Standflächen an Aussteller, des Weiteren über Eintrittspreise und Partnerschaften.

Daneben bieten sich uns immer häufiger Gelegenheiten für Agentur- und Beratungsleistungen. Durch unser großes Netzwerk in der Szene, sowie unseren Erfahrungsschatz bei der Planung und Umsetzung großer Veranstaltungen sind wir für unterschiedlichste Veranstaltungen gefragte Ansprechpartner und/oder mit der Umsetzung betraut.

 

Was ist dabei Ihr Alleinstellungsmerkmal?

Unser innovatives, attraktives und ressourcenschonendes Messewandsystem ist nicht nur einmalig, es trägt einen großen Teil dazu bei, dass die Atmosphäre auf einem Heldenmarkt sehr angenehm, freundlich, fast familiär ist. Viele Initiativen bieten ein Aktionsprogramm an, bei dem Besucher*innen oder die Kinder etwas zum Mitmachen und Mitnehmen finden. In Verbindung mit live DJs, einer regelmäßigen Tombola, Pflanzen an jeder Ecke und Lounge-Bereichen heben wir uns maßgeblich von der klassischen Messeatmosphäre mit grauen Octanorm-Wänden und ungemütlichem Ambiente ab.

Unsere Alleinstellungsmerkmale sind eng mit der Innovativität unseres Geschäftskonzeptes verknüpft. Die effiziente Logistik sowie die strengen und einzigartigen Zulassungskriterien sind Gründe, welche uns große Glaubwürdigkeit bescheren – ein Pfund, welches sich in unserem großen Netzwerk an nachhaltig orientierten Unternehmen und Vereinen niederschlägt.

 

Welchen Tipp haben Sie für Gründerinnen und Gründer in der Green Economy? 

Es gibt kein weiter wie bisher, wir brauchen einen echten CHANGE. Ohne einen Paradigmenwechsel in Wirtschaft und Gesellschaft ist das alles hier Nonsens und nichts als Kosmetik. Mein Tipp an Gründer: Habt Mut zu radikalen Lösungen. Wischiwaschi bringt nichts voran. Traut Euch was zu, auch wenn alle drum herum darüber lachen. Das war bei vielen Großen Ideen so...
 

Warum wollen Sie den StartGreen Award 2017 gewinnen?

Unsere Glaubwürdigkeit ist unser größtes Hab und Gut. Der StartGreen Award wird uns dabei helfen, auch neuen Kund*innen sofort zu zeigen, dass sie es mit einem erstzunehmenden und ehrlich nachhaltigen Partner zu tun haben, der sich durch sein Engagement in vielerlei Hinsicht vom konventionellen Markt, aber auch von grün gewaschenen Unternehmen abhebt. Da unser Produkt eine Dienstleistung ist, gibt es beispielsweise keine zertifizierbaren Rohstoffe und für etwa die ISO 14001 fehlen uns die Ressourcen. Schon unsere Auszeichnung als Projekt Nachhaltigkeit 2017 und davor das von der UNESCO Kommission ausgezeichnete Rahmenprogramm haben dazu beigetragen.

Da wir seit zwei Jahren einen eigenen Start-up Contest ausschreiben und seit einem Jahr auch gesonderte Konditionen für junge Unternehmen anbieten hilft uns der StartGreen Award darüber hinaus, bei Start-ups bekannter zu werden und hoffentlich eine Plattform für sie zu sein, mit ihren zukünftigen Kund*innen in den persönlichen Austausch zu treten.

 

Für Heldenmarkt abstimmen

StartGreen ist das Online-Informations- und Vernetzungsportal des Borderstep Instituts für die grüne Gründungsszene in Deutschland. Hier informieren und vernetzen sich grüne Gründerinnen und Gründer, grüne Start-ups, grüne Investorinnen und Investoren und Finanzierende, nachhaltig orientierte Gründungszentren u.v.m. um ihr Wissen und ihre Erfahrungen auszutauschen.

Dieses Projekt wurde gefördert durch
logos von 'Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz' und 'Nationale Klimaschutz Initiative'