Nachrichten

Grün alleine ist nicht ausreichend
© © matteco
Durch die Herstellung von Gummiprodukten aus recycelten Altreifen leistet matteco einen wesentlichen Beitrag zu Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung. Mit diesem Konzept überzeugten die Gründer die Jury der Cleantech Open Ideas Challenge 2018. Matteco erreichte den 2. Platz in der Kategorie Seed Track (eine von 3 Kategorien). Das Unternehmen aus Kappelrodeck (Baden-Württemberg) setzte sich damit gegen Wettbewerber aus aller Welt durch. Der internationale Wettbewerb zeichnet junge Unternehmen mit innovativen Ideen aus den Bereichen Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit aus.
Herzlichen Glückwunsch zum Erfolg bei der Cleantech Open Ideas Challenge. Wofür genau wurden Sie ausgezeichnet?
Wir wurden in der Kategorie „Seed Track“ (bis 1 Mio. $ Kapitalbedarf) für unser Geschäftsmodell mit dem 2. Platz ausgezeichnet. Mit einem neu entwickelten Verfahren produzieren wir technische Gummiprodukten aus Altreifenmehl, die zu 100% recyclingfähig sind, erstmals in industriellem Maßstab.
Wie haben Sie sich auf die Cleantech Open Ideas Challenge vorbereitet?
Wir haben einige Tage Zeit investiert, um ein passgenaues Pitch Deck zu erstellen. Aufgrund der zeitlichen Restriktion zwingt das, auf den Punkt zu kommen und Begeisterung für das Geschäftsmodell und dessen Chancen zu erzeugen. Darüber hinaus wurden die drei deutschen Vertreter durch das RKW Kompetenzzentrum durch Einzelcoachings vorbereitet. Alles Weitere ist individuelle Vorbereitung, um eine fachliche überzeugende Präsentation halten zu können.
Was genau macht Ihr Start-up? Wie kam Ihnen die Idee zu Ihrem Projekt?
Die matteco GmbH produziert und vertreibt hochwertige, ökologische, recyclingfähige Gummimatten für zahlreiche Anwendungen zur Reduzierung von Schwingungen und Körperschall, Verbesserung der Trittschalldämmung, Lagerung im Hochbau sowie bei der Rutschhemmung zur Ladungssicherung im Transportwesen. Im einzigartigen Produktionsverfahren entsteht ein Gummiprodukt mit einer sehr homogenen und feinen Struktur sowie technischen Eigenschaften, die nahe an die von Kautschukprodukten heranreichen. Die Produkte können wiederum ohne neuerliche Zugabe von Bindemittel zu 100% recycelt werden.
Auf die Basis-Technologie in Form einer Pilotanlage ist einer unserer Gründer in der Schweiz gestoßen, wir wollten die ersten sein, die damit marktgerechte Produkte in industriellem Maßstab in Deutschland fertigen.
Wer hat Sie dabei unterstützt?
Fachlich gesehen hatten wir mit 2 Maschinenbau-Ingenieuren mit je 20 Jahren Berufserfahrung genügend technisches Know-how im Gründerteam an Bord. Der Rest war viel testen, ausprobieren, insbesondere in der Produktentwicklungsphase.
Welche Geldquellen haben Sie gesucht? Wie konnten Sie Investoren überzeugen?
Das Startinvest wurde mittels Nachrangdarlehen einer Sparkassen-Beteiligungsgesellschaft, einem Förderdarlehen (L-Bank) und Eigenkapital aufgrund sehr guter langjähriger Bankkontakte recht reibungslos dargestellt. In der weiteren Finanzierungsrunde haben wir auf Family & Friends sowie Crowdfunding gesetzt. Überzeugen konnten wir letztlich dadurch, dass wir anschaulich machen konnten, wo überall unsere Produkte eingesetzt werden können. Überzeugende Qualität & Ökologie sind eindeutige Wettbewerbsvorteile, die wir in den nächsten Jahren am Markt umsetzen werden. Sehr hilfreich in diesem Zusammenhang waren die zahlreichen Awards, die wir erhalten haben sowie die Förderung durch das Umweltinnovationsprogramm des Bundesumweltministeriums.
Welche Herausforderungen sehen Sie an Ihrem Beispiel für grünes Gründen in Deutschland?
Im Fazit unserer Gründungserfahrung muss man sagen, dass „grün“ alleine nicht ausreichend ist. „Grün“ muss einhergehen mit überzeugender Qualität gegenüber bestehenden Marktlösungen. Am Ende zählt trotz wachsender Bedeutung ökologischen Gedankenguts immer auch der Preis. Der muss, so banal wie das klingt, wettbewerbsfähig sein. Die Zahl der Unternehmen, die bereit sind für das nachhaltigere Produkt Einbußen bei der Qualität oder einen höheren Preis in Kauf zu nehmen ist zu gering. Wir hatten das Glück eine Nische zu finden, in der wir deutlich teurere Wettbewerbsprodukte substituieren können.
Was leistet Ihr Projekt für den Klimaschutz? Wie trägt es zum Wandel in der Gesellschaft bei?
Im Rahmen unseres Förderantrags für das Umweltinnovationsprogramm mussten wir diese Frage wissenschaftlich fundiert darlegen. Es kam heraus, dass pro Tonne erzeugten Produkts mittels unseres Verfahrens 4,9t CO-Äquivalent im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren eingespart werden können. Des Weiteren substituieren wir in mehreren Produktsparten Produkte aus Naturkautschuk, für deren Anbau v.a. in Südostasien Regenwälder abgeholzt werden. Unser Produkt kann am Ende seiner natürlichen Lebensdauer komplett wiederverwertet werden, d.h. wir sind Teil und Vorreiter einer Kreislaufwirtschaft – in unseren Augen ist das alternativlos.
Welchen Tipp haben Sie für Gründerinnen und Gründer in der Green Economy?
Sehr genau die „Marktfähigkeit“ seiner Produkte zu prüfen. Viele gut klingende Ideen überleben den harten Realitätstest nicht. Die entscheidende (stark ökonomisch geprägte) Frage ist letztlich aber: Wer ist bereit, unter harten Wettbewerbsbedingungen für mein Produkt Geld zu bezahlen? Der ökologische Faktor steht bei streng rational entscheidenden Einkäufern selten an erster Stelle.
Lohnen sich Wettbewerbe wie die Cleantech Open Ideas Challenge für grüne Start-ups? Was sollte man aus Ihrer Sicht beachten?
Am Ende glaube ich ja, vorausgesetzt man ist bei den Siegern dabei und erhält für seinen nicht unerheblichen Aufwand entsprechende Aufmerksamkeit und Kontaktmöglichkeiten. Leider hält diese Aufmerksamkeit in unserer hochdynamischen Zeit nicht lange an. M.E. ist es hilfreich sein individuelles Ziel eindeutig festzulegen und sich darauf zu konzentrieren. Will ich Investorenkontakte, agiere ich anders, als wenn ich diese Plattform zur Steigerung des Bekanntheitsgrads nutzen möchte.
Haben Sie nach Ihrer Erfahrung in Los Angeles Tricks für den perfekten Pitch?
Auch wir haben uns im Vorfeld einschlägige Ratgeber angeschaut … um an Ende doch unseren eigenen Weg zu gehen. Neben den „must“-Infos, die der Pitch vermitteln muss, bleibt gar nicht so viel Freiraum. Authentisch bleiben ist wichtig. Was nützt die tollste Show, wenn die Informationen nicht konsistent sind. Entscheidend sind die ersten 3 Folien, gutes Bildmaterial, sparsamer Text und einige einprägsame Botschaften, die das Geschäftsmodell in wenigen Sätzen konkretisieren und neugierig machen. Darum geht es. Was einfach klingt, ist wirklich harte Arbeit. Jeder Satz muss in der Vorbereitung auf den Prüfstand.
Welche Pläne haben Sie mit Ihrem Projekt für die Zukunft?
Dank einer wichtigen Produktzulassung, die wir im Dez. 2017 erhalten haben (nach 15 Monaten Zulassungsdauer!) starten wir jetzt richtig durch. Wir sind gerade damit beschäftigt unsere Skalierung zu organisieren und aus unserem „Labor“ ein Industrieunternehmen zu machen. Viele Ideen müssen wir jetzt erstmal zurückstellen. Fernziel ist für uns, das riesige Potential im Gleisbau zu heben (hier steht uns aber eine Zulassungsdauer von 3-5 Jahren bevor - Deutschland lässt grüßen) und natürlich an Unternehmensgröße und Produktionskapazität zuzulegen. Die Voraussetzungen dafür sind gegeben. Wir sind optimistisch.