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Frischepost im Interview
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Frischepost im Interview
Für alle Eiligen: Worum genau geht es in Ihrem Projekt?
Als Online-Hofladen mit einem eigenen CO2-neutralem Lieferservice schafft Frischepost eine Verbindung zwischen kleinen Höfen und Manufakturen aus der Region und ernährungsbewussten Konsumenten in der Stadt.
Wie kam Ihnen die Idee zu Ihrem Vorhaben?
Die Idee hinter Frischepost entstand während unseres gemeinsamen Studiums. An der WHU - Otto Beisheim School of Management in Vallendar haben wir 2011 den Sozialunternehmer Kongress „SensAbility“ ins Leben gerufen und uns intensiv mit dem Thema des Sozial-Unternehmertums auseinandergesetzt. Aufbauend auf der Hypothese, dass die durch das Internet ermöglichte Vernetzung von Verbrauchern und Produzenten ein großes Innovations- und Nachhaltigkeitspotential bietet, entwickelten wir die Idee von Frischepost im Frühjahr 2014 weiter und planten schließlich eine vierwöchige Testphase für August 2014. Mit einem Sortiment von 110 Produkten und in Zusammenarbeit mit 10 Produzenten haben wir einmal die Woche durchschnittlich 25 Testkunden mit regionalen Lebensmitteln beliefert. Ab Anfang 2015 haben wir dann richtig losgelegt und unseren Hamburg Launch im April 2015 vorbereitet.
Wer hat Sie dabei unterstützt?
In der Konzeptionierungsphase von Frischepost wurden wir von verschiedenen Professoren an unserer Universität beraten. In der konkreten Planungsphase hat Frischepost viel Hilfe durch das Social Impact Lab in Hamburg erfahren. In den Räumlichkeiten konnten wir unser erstes Büro aufbauen und uns so ganzheitlich auf die Gründung konzentrieren.
Welche Geldquellen haben Sie gesucht? Wie konnten Sie Investoren überzeugen?
Wir hatten das Glück, durch das Exist Gründerstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums gefördert zu werden. Somit waren die ersten 12 Monate finanziell gesichert. Im Anschluss haben wir drei private Investoren für uns und unsere Mission gewonnen. Überzeugen konnten wir mit unserem umfangreichen Businessplan (wir waren zu dem Zeitpunkt der ersten Finanzierungsrunde bereits 10 Monate am Markt und konnten sehr gute Wachstumszahlen vorstellen) und unseren realistischen Zukunftsplänen. Denn unser Ziel ist es ja nicht nur, ein profitables Geschäft in Hamburg aufzubauen, sondern auch in anderen deutschen Großstädten das Frischepost Modell einzuführen. Im Laufe unserer Entwicklung haben wir gelernt, dass es zwar schwer ist, nach Geld zu fragen, es aber immer eine Lösung gibt. Seien es Förderprogramme oder Kooperationen, es gibt immer einen Weg – man muss sich nur trauen.
Welche Herausforderungen sehen Sie an Ihrem Beispiel für grünes Gründen in Deutschland?
Grünes Gründen in Deutschland ist zwar nicht leicht, aber durchaus möglich. Wir sehen die Herausforderungen darin, die Wichtigkeit eines überlegten und nachhaltigen Konsums deutlich zu machen. Denn viele Menschen haben den Bezug zu den Gütern und Erzeugern ihrer Region verloren und können nicht mehr einschätzen wie wichtig und wertvoll eine umweltbewusste Lebensweise ist. Viele haben die Folgen ihres Lebensstils nicht vor Augen und gehen darum nicht ausreichend ressourcenschonend mit ihrer Umwelt um. Wenn das Bewusstsein für eine nachhaltige und umweltfreundliche Lebensweise größer wird, wird auch die Nachfrage nach grünen Unternehmen steigen. Sowohl unseren Kunden, als auch uns, muss bewusst sein, dass der nachhaltige Weg oft der teurere ist. Förderungen für nachhaltige Entscheidungen sind darum sehr wichtig für grüne Unternehmen.
Was leistet Ihr Projekt für den Klimaschutz? Wie trägt es zum Wandel in der Gesellschaft bei?
Die Frischepost wird in Mehrwegboxen aus Recyclingmaterial ausgeliefert. Wir verwenden die Boxen bis zu acht mal und geben sie dann in den Recyclingkreislauf zurück. Joghurt, Milch und Co. kommen in Pfandbehältern. Bei Obst und Gemüse wird nur das Nötigste an Verpackung verwendet. Die Auslieferung erfolgt komplett CO2 neutral mit Lastenfahrrädern und Elektrofahrzeugen. Die Routenplanung wird mit der App Onfleet ausgeführt, damit die Lieferung so effizient und umweltfreundlich wie möglich stattfindet. Bei der Auswahl der Produkte achten wir auf einen nachhaltigen Anbau und kurze Lieferwege. Gut 80% der Produkte im Frischepost Onlineshop stammen aus kontrolliert ökologischer Landwirtschaft. Auch Produkte, die nicht bio-zertifiziert sind, werden bezogen, wenn sie unsere Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Einen Großteil
der Erzeuger kennen wir persönlich: So können wir für unseren Kunden transparent darstellen, woher die Produkte kommen und wie sie angebaut werden. Wir wählen unser Sortiment mit regionalem und saisonalem Fokus aus. Das bedeutet für uns nicht, dass wir auf Produkte, die es in unserer Region nicht gibt, gänzlich verzichten. Die überregionale Bio-Ware wird allerdings auch nach strengen Kriterien ausgewählt. Lebensmittelverschwendung gibt es bei bei Frischepost nicht: Es werden nur so viele Lebensmittel eingekauft, wie auch von den Kunden bestellt werden. Bei einigen Produzenten gibt es eine Mindestabnahme. In diesen Fällen verkaufen wir alle übriggebliebenen Lebensmittel zu reduzierten Preisen in unserem Lagerverkauf. Letzte Reste spenden wir an die Hamburger Tafel. Frischepost bildet ein Netzwerk für kleinere Betriebe, die gegen industrielle Lebensmittelkonzerne und um ihre Existenz kämpfen. Das Unternehmen gibt seinen Kunden die Möglichkeit, die regionalen Erzeuger persönlich kennenzulernen und wieder einen direkten Bezug zur Natur aufzubauen. So ergibt sich eine einzigartige Transparenz für die Lebensmittel-Endverbraucher und die Erzeuger profitieren von fairen Preisen für Ihre Lebensmittel. Der Lebensmitteleinzelhandel mit den vielen Handelsstufen soll aufgebrochen und dezentralisiert werden. Mit unserem Konzept wollen wir das Konsumverhalten der Endverbraucher in Großstädten nachhaltig beeinflussen. Um das Bewusstsein für gute Lebensmittel zu einem entsprechenden Preis auszuweiten, möchten wir mehr und mehr Menschen mit frischen und regionalen Lebensmitteln aus transparenter Herstellung beliefern.
Welches Geschäftsmodell steckt hinter Ihrem Vorhaben?
In unserem Onlineshop bieten wir über 900 Produkte aus regionaler oder nachhaltiger Produktionsweise an. Unsere Kunde kaufen online ein und werden am nächsten Tag mit frischen Lebensmitteln beliefert. Wir kaufen nur die Mengen ein, die die Kunden bei uns bestellen. So stellen wir sicher, keine Lebensmittel zu verschwenden. Erlöse erwirtschaften wir durch die Bereitstellung unseres Pack- und Lieferservices und durch die Handelsspanne, die sich aus der Differenz zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis der Lebensmittel berechnet. Durch die enge Verbindung zu den Produzenten und durch garantierte Abnahmemengen gelingt es uns, teilweise Margen von über 50 Prozent zu erzielen.
Was ist dabei Ihr Alleinstellungsmerkmal?
Frischepost ist kein typischer Lebensmittelhändler, wir sind wie ein Online-Hofladen. Wir liefern die besten und frischesten Lebensmittel direkt vom Erzeuger nach Hause. Ohne Umwege, ohne Lagerung, ohne Abo-Pflicht und ohne Lebensmittelabfälle. Nur auf die Bestellungen der Kunden wird geerntet, gemolken, geschlachtet und gebacken – der Salat, der morgens auf dem Acker geerntet wird, wird noch am selben Tag mit unseren Elektrofahrzeugen in die Küchen gebracht. Das ist eine Frische, die es nirgendwo anders gibt! Und den Unterschied zu Supermarktprodukten schmeckt man auch. Es gibt tatsächlich nicht viele Lieferdienste, die vom Angebot und Service her nah an unser Geschäft herankommen. Wir führen ca. 1000 Produkte von fast 200 Produzenten im Sortiment, die einfach besonders sind und nicht in einem Supermarkt-Sortiment zu finden wären. Authentische, ehrliche Lebensmittel vom Hof und aus den kleinen Manufakturen! Unabhängig vom Sortiment haben wir uns auch durch unsere nachhaltige Logistik hervor. Unsere Lebensmittel sind in Mehrwegboxen verpackt, und geliefert wird mit Elektroautos und Lastenrädern im Hamburger Stadtgebiet.
Welchen Tipp haben Sie für Gründerinnen und Gründer in der Green Economy?
Machen statt lange Überlegen und Zweifeln. Vernetzen und sich helfen lassen statt alles selbst zu versuchen. Sich nicht unterkriegen lassen und kämpfen, kämpfen, kämpfen. Immer mal wieder einen Schritt zurück nehmen und die Ausrichtung der Firma hinterfragen. Ganz viel mit seinen Kunden sprechen. Mit der nachhaltigen Ausrichtung der Firma werben , denn das macht uns besonders und unterscheidet uns von vielen anderen Start-Ups.
Warum wollen Sie den StartGreen Award 2017 gewinnen?
Mit Frischepost handeln wir ganzheitlich und auf verschiedensten Ebenen nachhaltig. Wir sichern faire Preise für die Produkte kleiner Höfe und Manufakturen, wir verbinden Städter mit Landwirten und erzählen die Geschichte hinter den Produzenten und wir liefern CO2-neutral mit unseren Elektrofahrzeugen aus. Wir wünschen uns, dass mehr Menschen von Frischepost erfahren, damit wir weiter wachsen können und unsere Mission in weitere Städte bringen können. Als Gewinner des StartGreen Awards erhalten wir die Chance unser Konzept auch über die Grenzen Hamburgs hinaus bekannt zu machen. Auch der finanzielle Aspekt spielt eine Rolle, denn die Ideen in den Köpfen des Frischepost-Teams sprudeln nur so hervor. Jeden Tag regnet es neue Vorschläge und Innovationen, die wir in unser Konzept mit aufnehmen könnten. Leider stoßen wir immer wieder an unsere personellen und finanziellen Grenzen. Mit dem Gewinn können wir einige unserer Visionen umsetzen und in den Ausbau des Unternehmens investieren.