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Digitalisierung - die Zukunft im Bau- und Sanierungsbereich?

© Energieheld (Alexander Rosenkranz)

 

Ob auf der Arbeit oder im eigenen Zuhause: Die Digitalisierung macht unser Leben einfacher, schneller und effizienter. Aber nicht jeder begrüßt diesen Wandel mit offenen Armen. Während das Internet für große Teile des Handels unverzichtbar geworden ist, blickt das Handwerk im Bau- und Sanierungsbereich eher skeptisch auf die Digitalisierung.

Im Interview berichtet Stephan Günther von energieheld über seine Sicht auf die Digitalisierung in Bau und Sanierung und die Erfahrungen in einem grünen Start-up.

 

Alte Traditionen und digitale Lösungen?

Traditionen und feste Gewohnheiten zählen generell zu den größten Hürden für ganzheitliche Veränderungen. Vor allem im traditionsreichen Handwerk schreitet die Entwicklung dabei nur mit mäßigem Tempo voran.

In einer Umfrage hat der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) den Stand der Digitalisierung einmal genauer untersucht. Heraus kam, dass zwar der überwiegende Teil aller Handwerksbetriebe digitale Geräte wie PCs, Notebooks oder Tablets nutzt, diese aber hauptsächlich für den Mail-Verkehr, das Online-Banking oder die Beschaffung von Informationen genutzt werden. Mobile Lösungen oder Onlineplattformen zur Unterstützung der alltäglichen Herausforderungen finden dagegen nur wenig Beachtung.

Bei Maßnahmen an der eigenen Immobilie ist der Handwerker um die Ecke oft der erste Ansprechpartner für Hausbesitzer. Neben seiner Funktion als Lösungsbringer ist er aber auch Mittler für innovative Technologien und Mitgestalter der Energiewende. Aufgaben, die durch viele unterschiedliche Produkte, Gesetze und Verordnungen nur mit hohem Aufwand und großen Unsicherheiten zu bewältigen sind. Vor allem dabei könnten digitale Lösungen helfen.

 

Vorteile der Digitalisierung in Bau- und Sanierung

Die Digitalisierung bildet analoge Prozesse digital ab. Das heißt, Aufgaben, die früher nur unter hohem Zeitaufwand oder mit vielen verschiedenen PC-Programmen zu erledigen waren, können heute online mit wenigen Klicks abgearbeitet werden. Und das unabhängig von Ort und Zeit.

Für Handwerker aus dem Bau- und Sanierungsbereich gibt es dabei bereits Lösungen, die nicht nur die Verwaltung von Kunden- und Projektdaten einfacher machen, sondern die tägliche Arbeit auch mit aktuellen Informationen und hochwertigen Beratungsdokumenten unterstützen. Das spart Zeit, reduziert Unsicherheiten und kann sogar die Energiewende unterstützen.

 

Energieheld – einfach energetisch Sanieren

Das junge Unternehmen Energieheld möchte die energetische Sanierung einfacher gestalten. Während Hausbesitzer mit umfangreichen Informationen und persönlicher Beratung unterstützt werden, bekommen auch Handwerker ein auf sie zugeschnittenes Sanierungspaket. Neben der Vermittlung von Kunden und Aufträgen und der Erstellung einer modernen Webseite gehört zu dem Paket auch „hero“, eine Cloud-Software für die einfache Verwaltung von Kunden und Projekten. 

Im Interview berichtet Stephan Günther, Leiter des Online-Marketings bei der Energieheld GmbH, über seine Erfahrungen in einem grünen Start-up:

Stephan, wie seid ihr auf die Idee gekommen, den Bau- und Sanierungsbereich digital zu unterstützen?

Energieheld kümmert sich nun etwa vier Jahre um Maßnahmen der energetischen Gebäudesanierung. Wir ermöglichen also Dämmungen, Photovoltaik-Anlagen, effiziente Heizungen und moderne Fenster, eben alles was ein Gebäude energieeffizienter macht. Dabei informieren und beraten wir und vermitteln zusätzlich den passenden Handwerker.

Die Idee dazu kam Michael Kessler, einem der Co-Gründer von energieheld, als er damals für seine Eltern nach Informationen zur Modernisierung des Elternhauses suchte und selbst erlebte, in welchem Informations-Dschungel man sich dort befindet. Ihm fiel auf, wie  schwer es ist, brauchbare Informationen zu recherchieren und dass, obwohl er sogar beruflich aus dem Bereich der Solarenergie kommt (Dipl.-Ing. und Dr. Ing.).

Kurz gesagt wollten die Gründer dieses Chaos, bestehend aus den verschiedensten Techniken, Herstellern, Marken und Fördermitteln aufräumen. Die Motivation zur Gründung war schließlich jedoch der Blick auf das enorme ökologische Potential von Sanierungen.

Aktuell ist Digitalisierung ein sehr großes Thema und letztlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie in allen Bereichen unseres Lebens angekommen ist. Gerade deshalb möchten wir diese Entwicklung im Bereich Energie- und Wärmewende nachhaltig umsetzen.

Das Interesse an dem Suchbegriff „Digitalisierung“ steigt seit Ende 2014 kontinuierlich an.
Quelle: Screenshot aus Google Trends

 

Wie schätzt ihr die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Bau- und Sanierungsmarkt ein? Können verständlich vermittelte Informationen und effiziente Arbeitsabläufe dazu beitragen, die Energiewende zu befeuern?

Ja, auf jeden Fall. Die Digitalisierung wird die Abläufe vereinfachen und damit die gesamte Umsetzung der Sanierung einfacher und sicherer machen.

Eine der großen Hürden in der Sanierungsbranche ist die Komplexität der Sanierungsmaßnahmen selbst. Jedes Haus, jede Wohnung ist anders, Standardlösungen gibt es meist nicht. Aus diesem Grund bedarf es immer der Leistung des Fachhandwerkers vor Ort.

Uns bei energieheld ist wichtig, dass die alltägliche Arbeit der umsetzenden Firmen ganz konkret vereinfacht wird. Digitalisierung kann hier ein großer Hebel sein. Unsere Software „hero“ hilft zum Beispiel Handwerksfirmen beim täglichen Kunden- und Projektmanagement.

Mit der Cloudsoftware können Handwerksbetriebe ihre Projekte managen. Alle Kundeninformationen werden übersichtlich in einem System dargestellt. Bei der Arbeit helfen Terminkalender, Prozessstufen, Nachverfolgung, Dateiverwaltung etc. rund um die Uhr egal ob vom Büro, von unterwegs oder direkt von der Baustelle aus. Diese Tools gestalten den gesamten Arbeitsablauf der Fachbetriebe einfacher. Und am Ende kommt das wiederum auch dem Hausbesitzer zugute.

Ziel ist es, die Handwerksbetriebe zu unterstützen, um die Sanierungsquote positiv zu beeinflussen. Dies fördert auch die Energiewende.

Fast 40 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland gehen auf das Konto des Gebäudesektors. In Privathaushalten benötigen allein Heizung und Warmwasseraufbereitung 85 Prozent der Energie - hier liegen deshalb auch große Einsparpotenziale.

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Es wird Zeit, diese Potentiale endlich zu nutzen.

Auch wenn die grüne Gründerszene wächst, ist es nicht immer leicht, mit nachhaltigen Themen Erfolg zu haben. Welche besonderen Herausforderungen musstet ihr bis heute bewältigen?

Das stimmt. Energieheld ist in seinem Geschäftsmodell schon recht weit vorangeschritten, aberngefangen haben wir mit dem „ENERGIEcheck“. Das ist ein Online-Rechner mit dem Hausbesitzer das Energiesparpotential ihres Gebäudes abfragen können. Sie geben einige Daten zu ihrem Haus ein – beispielsweise Größe, Baujahr, Heizungsart - und der Rechner kalkuliert, wie viel der Besitzer mit einer Sanierung der Fenster, einer nachträglichen Dämmung, etc. an Heizkosten und CO2 einsparen kann.

Von diesem Tool haben wir uns damals viel erhofft. Besonders die Aufführung des eingesparten CO2, so dachten wir, würde das Interesse an einer Sanierung stark erhöhen. Es hat sich dann jedoch recht schnell herausgestellt, dass die Hausbesitzer in den meisten Fällen schon recht genau wissen, was sie sanieren möchten. Ob zum Beispiel die Heizung erneuert werden muss oder ob man nach einer Dämmung einer Photovoltaik-Anlage sucht.

Eine gewisse Ernüchterung kam auf, als wir in den Kundengesprächen merkten, dass es doch vor allem der Preis ist, der den Sanierer interessiert und weniger das einzusparende CO2. Grüne Themen sind zwar sympathisch, am Ende guckt die breite Masse jedoch eher auf das Portemonnaie, da darf man sich nichts vormachen.

Mittlerweile ist der Energiecheck für uns zwar noch ein wichtiges Tool, er wird immer noch etwa 6.000 mal im Monat aufgerufen, jedoch ist er nicht der große Hebel, um Sanierungsanfragen zu generieren. Dafür muss man individueller auf den interessierten Sanierer eingehen.

In der Thematik der energetischen Gebäudesanierung haben wir jedoch den Vorteil, dass sich hier Ökologie und Ökonomie sehr gut ergänzen. Wer bei der Sanierung hauptsächlich auf die Kosten schaut, wird sich über die niedrigen Energiekosten nach einer Dämmung freuen. Wem es um Umweltaspekte geht, der greift hier zum Beispiel noch auf nachhaltige Dämmstoffe zurück.

Mit Energieheld befindet ihr euch gerade in einem Wachstumsprozess. Spielt die Nachhaltigkeit dabei auch eine Rolle im Aufbau des Unternehmens? 

Während unseres gesamten bisherigen Wachstums haben wir immer sehr auf eine nachhaltige Entwicklung geachtet. Natürlich muss man auch Dinge ausprobieren, der Weg zum Erfolg ist meist keine Linie von A nach B, sondern führt über Schlaufen und Kurven dann doch eher zu C. Bisher sind wir ohne große Investitionen ausgekommen und daher organisch gewachsen und nach wie vor unabhängig.

Wir haben von Anfang an beispielsweise viel Kraft in unseren Website-Content gesteckt. Mit unseren Artikeln geben wir erste Antworten auf viele Fragen zur Sanierung. Welche Dämmstoffe sind ökologisch? Welche Förderungen gibt es vom Staat? Was kostet eine Pelletheizung? Aktuell ist energieheld.de wohl die größte Website zum Thema gewerkeübergreifende Gebäudesanierung.

Wie hoch schätzt du den Einfluss, den Energieheld auf die Entwicklung der grünen Wirtschaft in Deutschland haben kann? 

Das ist eine gute und zugleich sehr schwere Frage. Die grüne Wirtschaft ist sehr groß, deckt viele Branchen ab und wird in Zukunft wachsen.

Was den Wirtschaftsbereich der energetischen Gebäudesanierung angeht, sehe ich einen großen Einfluss unsererseits. Auf energieheld.de generieren wir im Durchschnitt täglich 100 konkrete Sanierungsanfragen, deutschlandweit. Der Großteil davon wird am Ende auch umgesetzt. Aktuell arbeiten wir mit ca. 310 Fachbetrieben für Heizung, Dämmung, Fenster, Dach und Solar direkt zusammen. Vor allem in den Regionen Hannover, Bremen, Dortmund und Hamburg. Um wirklich jede Anfrage auch bedienen zu können, verfügen wir zudem über ein großes Netzwerk aus Handwerkern.

Die Tendenzen sind hier in allen Bereichen stets steigend. In Zukunft wollen wir mit möglichst vielen Handwerksbetrieben direkt kooperieren, diese bleiben natürlich unabhängige, eigenständige Firmen.

Unser Ziel war es von Beginn an, die Energiewende in Deutschland voranzubringen. Unser Beitrag liegt hier bei der Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden. Wir sind auf einem sehr guten Weg, denke ich. Das Interesse der Bürger ist da.

Unsere Herausforderung wird es nun sein, diesen Markt weiter zu vereinfachen. Mit dem Portal energieheld.de haben wir hier schon ein gutes Stück geschafft -  wenn wir nun noch die konkreten Umsetzungen der Sanierungsmaßnahmen vereinfachen, könnten wir in einigen Jahren in einem grüneren Deutschland leben.

 

 

StartGreen ist das Online-Informations- und Vernetzungsportal des Borderstep Instituts für die grüne Gründungsszene in Deutschland. Hier informieren und vernetzen sich grüne Gründerinnen und Gründer, grüne Start-ups, grüne Investorinnen und Investoren und Finanzierende, nachhaltig orientierte Gründungszentren u.v.m. um ihr Wissen und ihre Erfahrungen auszutauschen.

Dieses Projekt wurde gefördert durch
logos von 'Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz' und 'Nationale Klimaschutz Initiative'