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Das liebe Geld: Finanzierung von grünen Start-ups
© © Annie Spratt - unsplash
Die Atomkatastrophe von Fukushima bescherte nicht nur dem deutschsprachigen Raum eine neue Wortkreation. Auch in der englischsprechenden Welt wird gegenwärtig das Wort „Energiewende“ verwendet; damit bezeichnet man ein Umdenken in Sachen Energie. Inzwischen ist Deutschland zum „Energy Lab“ der Welt geworden – auch weil viele Gründer die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Green Economy erkannt haben und aus der Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise eine Geschäftsidee entwickeln.
Doch dafür braucht ein Start-up erst einmal Geld. Vor allem „grünen“ Gründern, die Grundlageninnovationen im Feld der Umwelttechnologie entwickeln, fehlt es häufig an Kapital, um die Innovationspotentiale für Ökonomie und Ökologie voll ausschöpfen zu können.
Umweltinnovationen benötigen oft hohe Investitionen
Die langen Entwicklungsphasen von technologieintensiven Innovationen aus dem Feld der erneuerbaren Energien erfordern hohe Investitionen. Junge Unternehmen aus diesem Bereich haben daher schon in der Seed- und Start-up Phase einen extrem hohen Kapitalbedarf. Klassische Venture Capital Gesellschaften scheuen oft die unkonkreten Marktaussichten und den weit in der Zukunft liegenden Exit. Sie investieren lieber in skalierbare Geschäftsmodelle der Digitalwirtschaft.
Business Angels, die Gründern zusätzlich als Mentoren und Coaches zur Seite stehen und die Geduld für die Entwicklung einer innovativen Umwelttechnologien mitbringen, können jedoch nicht immer aus eigener Kraft die hohen Investitionskosten aufbringen.
Der weltweit führende Produzent und Anbieter von organischen Solarfolien Heliathek benötigte beispielsweise seit der Unternehmensgründung im Jahr 2006 etwa 46 Millionen Euro, um Technik und Herstellungsverfahren vollständig zu entwickeln. Für die Entwicklung von bahnbrechenden Umweltinnovationen sind also geduldige Investitionsformen und hohe Kapitalsummen nötig, die grünen Start-ups oft nicht zur Verfügung stehen.
Investoren finden – leichter gesagt als getan
Das Interesse an nachhaltigen Geldanlagen steigt. Laut Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) wuchs der nachhaltige Anlagemarkt im Jahr 2013 um 9 Prozent. „Das Interesse an Umwelttechnologien und grünen Innovationen nimmt auch bei Business Angels in Deutschland von Jahr zu Jahr konstant zu“, konstatiert Dr. Roland Kirchhoff vom Bundesverband der deutschen Business Angels (BAND).
Viele Start-ups beklagen trotzdem die fehlende Sichtbarkeit der nachhaltigkeitsorientierten Investoren. Der jedes Jahr im Mai in Berlin und im Oktober in London stattfindende ECO-Summit bietet für grüne Start-ups, Investoren und Unternehmen eine gute Plattform zur Vernetzung. Ähnliche Formate sind die von der IHK Potsdam veranstalteten Green Ventures, das Green Innovation and Investment Forum (GIIF) oder das Format des World Ressource Ventures.
Linda Bergset, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Borderstep Institut, wünscht sich hingegen ein besseres Matching von Investoren und Start-ups, auch durch Online-Formate nach amerikanischem Vorbild. So bietet Investors´ Circle Investoren und Start-ups die Möglichkeit online zusammenzufinden. Eine ähnliche Herangehensweise verfolgt CAGIX des LA Cleantech Incubator. Der Markt in Deutschland sei für beide Seiten noch zu intransparent, so Bergset.
Wie schnell soll, kann und darf man eigentlich wachsen?
Für einige grüne Start-ups ergibt sich eine weitere Herausforderung bei der Finanzierung, erläutert Linda Bergset vom Borderstep Institut. „Sie ziehen ganz bewusst im Rahmen einer sozial- und umweltverträglichen Ausrichtung ein langsameres Wachstum mit gegebenenfalls niedrigeren Renditen vor.“ Yvon Chouinard, Gründer von Patagonia, spricht in diesem Zusammenhang von seinem Unternehmen als „Slow Company“.
Martin Elwert, Mitgründer von Coffee Circle, hält davon nichts. Sein Unternehmen strebte nach seiner Aussage nie ein langsameres Wachstum an. Im Gegenteil, findet Elwert. Die Größe des Unternehmens beeinflusse auch die soziale Wirkung. „Je größer eine "Social Company" wird, umso größer der Social Impact, damit wird man ja auch für gute Investoren attraktiver.“
Nicht selten führt eine zu starke Wachstumsorientierung jedoch zu einem sogenannten „Mission Drift“. Das Unternehmen verabschiedet sich nach und nach von ursprünglichen ökologischen und sozialen Werten und strengen Geschäftspraktiken und schließt Kompromisse beim Einkauf von Rohstoffen, bei der Ausgliederung von Geschäftsprozessen oder der Erschließung neuer Absatzmärkte.
Finanzierungsmöglichkeiten für Umweltinnovationen in Deutschland
Unternehmensgründungen aus der Wissenschaft, die mit aufwändigen und risikoreichen Entwicklungsarbeiten verbunden sind, unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit dem Programm EXIST-Forschungstransfer. Gründer erhalten in einer frühen Phase die Möglichkeit, Ergebnisse aus der akademischen Forschung in die Anwendung zu überführen. Eine weitere Finanzierungsoption für Start-ups der Cleantech-Branche ist der High-Tech Gründer Fonds. Das Wirtschaftsministerium, die KfW-Förderbank sowie 18 Unternehmen investieren zwischen 500.000 und 2 Millionen Euro Risikokapital pro Technologie-Unternehmen.
Auf europäischer Ebene unterstützt der Climate KIC Accelerator Start-ups, die Klimawandelvermeidung bzw. -anpassung in ihrer Geschäftsidee verankert haben, durch ein 12 bis 18 monatiges Accelerator-Programm.
Diverse grüne Start-ups nutzen zudem zur Seed-Finanzierung Crowdinvesting Portale wie Seedmatch. So sammelten die Unternehmen Cloud and Heat 1 Millionen und E-Volo 1,2 Millionen Euro über die Crowdfunding-Plattform ein. Einige Beteiligungsgesellschaften wie BonVenture , Tengelmann Ventures, Green Alley sowie die Green Lifestyle Group oder das KfW Förderprogramm zur Finanzierung von Sozialunternehmen bieten nachhaltigkeitsorientierten Start-ups in der Wachstumsphase zudem Beteiligungen an.
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Fazit: Vier Schritte um die Situation der grünen Gründerszene langfristig zu verbessern:
- Sichtbarkeit der Akteure durch Arbeitsgruppen, Workshops, Foren und Konferenzen zum Thema grüne Start-up Finanzierung verbessern.
- Mentoring-Programme und Informationskampagnen umsetzen.
- Längere Laufzeiten und höhere Finanzierungssummen für öffentliche Förderprojekte für grüne Start-ups durchsetzen.
- Geduldigere Exit-Strategien von Venture Capital Gesellschaften etablieren, gegebenenfalls durch Mitinvestitionen der öffentlichen Hand ähnlich wie beim High-Tech Gründer Fonds.