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Crowdfinanzierungs-Kampagne planen: Das sagen Start-ups
© Taller de Business Model Canvas von US Embassy Madrid unter CC BY 2.0
Einfach mal eben sein Start-up auf einer Crowdfinanzierungs-Plattform vorstellen und dann darauf bauen, dass die Crowd kurzerhand das nötige Kleingeld überweist? So einfach ist es leider nicht. Wer erfolgreich sein will, muss seine Crowdfinanzierungs-Kampagne minutiös planen.
Im Internet gibt es inzwischen jede Menge Tipps dazu, worauf es bei der Kampagnenplanung ankommt. Nicht zuletzt geben die Crowdfinanzierungs-Plattformen selbst jede Menge gute Hinweise. Wir wollten daher wissen, was Start-ups sagen, die bereits eine Crowdfinanzierung hinter sich haben. Auf was kommt es ihrer Erfahrung nach an?
„Eine der wichtigsten Erkenntnisse bei einer Crowdinvestment - Kampagne ist, dass man womöglich eine völlig neue Zielgruppe anspricht: Die Investoren sind größtenteils Privatleute, zu 95 Prozent Männer zwischen 30 und 50 Jahren und darüber hinaus mit dem Thema inhaltlich deutlich weniger vertraut als beispielsweise die eigenen Kunden. Das ist deshalb so wichtig zu wissen, weil man seine Kampagne genau auf diese Zielgruppe zuschneiden muss. Wir haben damals eine erfahrene PR-Agentur angeheuert, die auf Grundlage unseres Business-Plans die Investment-Story für uns geschrieben und die Kampagne mit Pressearbeit begleitet hat.“
Dr. Martina Schad, Gründerin der OakLabs GmbH, Crowdinvestment-Ziel von 500.000 Euro innerhalb von 45 Tagen erreicht. 451 Investoren.
Tipp:
- Merkmale der Crowd recherchieren
- Kampagne an Crowd orientieren
- Externe Dienstleister einbinden
„Bei unserer Crowdinvesting-Kampagne müssen wir uns an die Anforderungen des Kleinanlegerschutzgesetzes halten. Das heißt, wir mussten das Vermögensanlagen-Informationsblatt, kurz: VIB, ausfüllen. Das ist keine Kleinigkeit und muss wirklich gut durchdacht sein. Es darf keine Fehler beinhalten - vor allem was die Unternehmenszahlen betrifft. Wir haben deshalb sicherheitshalber einen Finanzexperten drüber schauen lassen. Wichtig ist auch, dass keine Schönfärberei betrieben wird. Vor allem die unternehmerischen Ziele müssen realistisch sein, wenn auch sportlich. Gut war, dass die Crowdinvesting-Plattform sowohl das VIB-Formular als auch Informationen dazu zur Verfügung gestellt. Darauf sollte man bei der Auswahl einer Plattform achten: Dass Informationen zu den gesetzlichen Vorgaben mit angeboten werden."
Christopher Fuhrhop, RESTUBE GmbH, Crowdinvestment-Ziel: 300.000 Euro, erreicht nach 20 Tagen; Zweites Ziel: 600.000. Stand: 15.04.2016: 496.500 Euro, Zahl der Investoren: 548 (Restlaufzeit: 42 Tage)
Tipp:
- Rechtliche und steuerliche Beratung
- Realistische Darstellung
- auf Serviceangebote der Plattform achten
„Wir hatten uns vor allem deshalb für Crowdfunding entschieden, um unseren Markt kennenzulernen. Die Finanzierung spielte eine untergeordnete Rolle. Wir wollten wissen, wer sich für unser Produkt interessiert. Wer würde dafür etwas bezahlen? Und wie viel? Die Resonanz war überwältigend. Voraussetzung dafür war eine gute Pressearbeit. Nicht nur, um potenzielle Interessenten vor Beginn der Kampagne auf uns aufmerksam zu machen, sondern auch, um während der Kampagne auf der Crowdfunding-Plattform nicht als eines unter vielen Start-ups unterzugehen. Das Produkt muss daher auch für Journalisten interessant sein. Am besten setzt man sich mit PR-Spezialisten oder erfahrenen Freelancern zusammen, um herauszufinden, welche Medien von potenziellen Kunden genutzt werden, wie die Ansprache und Informationsaufbereitung aussieht. Erst dann sollte man mit seinen Pressemitteilungen gezielt auf Journalisten zugehen.“
Dr. Matthias Bürger, Gründer von Kinematics GmbH, Crowdfunding-Ziel: 100.000 Dollar, tatsächlich erreicht: 300.000 Dollar, 972 Unterstützer aus USA und Europa
Tipp:
- Intensive Pressearbeit
- Bei Journalisten Interesse für Produkt wecken
Man muss sich darüber im Klaren sein, dass der Aufwand für so eine Crowdfunding-Kampagne sehr hoch ist. Und wenn die Kampagne gestartet ist, muss man sie am Laufen halten. Das heißt, die digitalen Netzwerke bedienen, Updates an die User schicken, mit den Medien sprechen. Eine Crowd-Funding-Kampagne ist niemals ein Selbstläufer. Wenn man ein Produkt hat, ist es gut, wenn man es vor der Kampagne frühzeitig an Blogger und Journalisten schickt, mit ihnen spricht, sie ausprobieren lässt. Dann sind sie viel eher bereit, über die Kampagne zu berichten.“
Dr. Nicolas Schauer, Zielsumme erreicht: 50.000 Euro, 300 Unterstützer aus Deutschland, Nord-West-Europa, Österreich, der Schweiz, USA, Chile, Neuseeland und Japan.
Tipp:
- Zeit und Aufwand einplanen
- Auf Multiplikatoren zugehen
„Erfolgsentscheidend beim Crowdfunding sind nach unserer Erfahrung eine strukturierte Kampagnenwebsite und ein professioneller Unternehmensauftritt. Je transparenter und professioneller man sich präsentiert, desto wahrscheinlicher wird es, dass Leute in die eigene Idee investieren. Auch ein ansprechendes, eingängiges Kampagnenvideo ist Pflicht, unseres wurde inzwischen mehr als 1 Million mal geklickt. Zudem empfehle ich, den Kampagnenzeitraum bewusst zu planen, damit einem saisonale Events nicht in die Quere kommen.“
Björn Bollensdorff, Gründer von Panono GmbH, Crowdfunding-Ziel: 900.000 Dollar, tatsächlich innerhalb von zwei Monaten erreicht: 1.250.000 Dollar, rund 2.600 Unterstützer weltweit.
Tipp:
- strukturierte Kampagnenwebsite
- professioneller Unternehmensauftritt
- professionelles Kampagnenvideo
- Timing planen
„Die ‚Dankeschöns‘ für die Geldgeber verursachen Kosten. Meist kommt auch noch die Mehrwertsteuer dazu usw. Als Faustregel könnte man sagen: Immer 50 Prozent draufschlagen, wenn man noch Videoproduktionsfirmen oder PR-Agenturen in Anspruch nimmt und bezahlen muss.“
Jens Gottschau, Hanseatische Materialverwaltung gGmbH, Crowdfunding-Ziel: 47.000 Euro, tatsächlich erreicht: 21.000 Euro. 400 Unterstützer.
Tipp:
- Kosten kalkulieren und zur Zielsumme addieren
Das Wichtigste war die Erkenntnis, dass die Crowd, die ihr Geld in ein Projekt investiert, sich nicht nur für Businesspläne interessiert. Entscheidend ist vielmehr die Vision, die ein Start-up hat.“
Christopher Blum, Protonet Betriebs GmbH, seit 2012 drei Crowdfinanzierungsrunden. Allein in 2014: 3 Millionen Euro über Crowdinvesting, 1.800 Investoren.
Tipp:
- Crowd für Vision und Idee begeistern
Dieser Artikel stammt aus dem eMagazin "erfolghoch2" (Ausgabe April 2016) des Existenzgründerportals des BMWi. Hier finden Sie den Artikel.