Für viele Menschen gehört das „Blaue Gold“ zum unerreichbaren Luxus: Sie haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die ungleiche Verteilung von Wasservorräten führt schon jetzt zu politischen Krisen und Verteilungskämpfen. Bürger der Industrienationen erfahren täglich aus den Lokalmedien, was Wasserverschwendung, Wasserverschmutzung und Wassermangel für ihren Vorgarten bedeuten. Doch wer sich als Start-up mit neuen Technologien rund um das Thema Wasser in die Geschäftswelt vorwagt, wird bald feststellen, dass der Markt nicht einfach zu erobern ist.
Hohe Kosten, wenig Förderung
„Die Innovationsbereitschaft auf dem Wassermarkt ist gering“, sagt Matan Beery, Gründer und CEO von
Akvola Technologies. Deshalb sei es für Start-ups im Bereich Wasser besonders wichtig, bereits in der Gründungsphase durch Referenzprojekte zu zeigen, dass der Markt die Innovation annehmen wird – unter Umständen auch ohne ein konkretes Produkt im Hinterkopf. Das zu finanzieren sei der Knackpunkt. „Man braucht einen langen Atem und Förderung für die Hardware.“
Ohne die moralische Unterstützung des Centers for Entrepreneuship der TU Berlin, seiner Alma-Mater, hätten er und seine Mitgründer nicht durchgehalten. „Neben der Leidenschaft für neue Technologien vermittelt dieses Gründerzentrum Fachwissen und Finanzierungstipps.“
Die Geldfrage stellt viele Cleantech-Unternehmen in Deutschland vor große Probleme, konstatiert Matan Beery.
Investoren schielten immer noch vor allem auf die IT. „Cleantech Gründungen brauchen sehr viel Startkapital – bis zur Markteinführung einer Technologie kann es Jahre dauern.“ Deshalb sieht er die Gründerförderung in der Pflicht.
So wurde Akvola Technologies in der Frühphase unter anderem vom BMWi durch das Programm
exist Forschungstransfer unterstützt. Dieses Programm fördert Unternehmensgründungen aus Hochschulen und universitären Einrichtungen. „Inzwischen gibt es für die investitionsintensive Branche eine Aufstockung, zum Beispiel für eine Pilotanlage. Das ist definitiv der Schritt in die richtige Richtung.“
Dass Wasser als Produkt medial vor allem im Rahmen von Katastrophen (Dürre, Überschwemmung, Versalzung) vorkommt, ärgert den promovierten Verfahrensingenieur Beery. „Die Grundversorgung darf nicht nur für Hilfsorganisationen reserviert sein.“
Akvola Technologies, zu Beginn vor allem konzentriert auf Meerwasserentsalzung und Wassertrennung, widmet sich inzwischen auch auf „hard to treat waters“, also Oberflächenwasser und Industriewasser, die durch Öle, Fette oder Schmierstoffe verunreinigt sind.
Keramische Flotation und Filtration garantieren im Resultat eine hohe Wasserqualität bei bis zu 90 Prozent Energieersparnis und 20 Prozent Platzreduktion im Vergleich zu State-of-the-Art-Technologien. „Nur wenn man mit einer Technologie auch Geld verdienen kann, werden Innovationen vorangetrieben“, ist Beery überzeugt.
Viel Geschmack, wenig Müll
Wasser neu denken will auch
nuapua aus dem oberösterreichischen Kremsmünster. Einer der Gründer, Gerhard Fuchs, war Zucker im Glas leid und peppte deshalb lokales Quellwasser mit Kräutern und Früchten auf. Was im Krug zu Hause prima funktionierte, erwies sich jedoch für Sport oder Geschäftsreisen als unpraktisch.
Der Designer suchte nach einer mobilen Lösung – und begann zu experimentieren. Seine Vision brachte er mit seinen rasch gefundenen Mitstreitern und mit Hilfe des
Austrian Wirtschaftsservice (AWS), der Förderbank Österreichs, getreu des AWS-Mottos, „von der Schreibtischlade in den Markt“.
Bei nuapua handelt sich um ein langlebiges Trinksystem, mit dem man sich mittels einer 1-g-leichten Kapsel Leitungs- oder Quellwasser mit Geschmack versehen kann – ohne Transportwege für das Wasser und ohne Zucker oder Zusatzstoffe. Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde die geplante Revolution für das Trinkwasser Anfang 2015 über eine Crowdfundingkampagne auf startnext.de.
„Das war für uns eine optimale Finanzierungsform, um neben der finanziellen Unterstützung auch wertvolles Feedback von den Fans zu erhalten“, erzählt Petra Haudumm vom nuapua Team. Dass nuapua auf dem richtigen Wasser-Weg ist, zeigt die 240 % Zielerreichung der Kampagne.
Die Entwicklungszeit war aufgrund der komplexen technischen und technologischen Herausforderungen sehr lang, erzählt Hermann Bürtelmaier, technischer Leiter bei nuapua. "Innovationen erfordern Ausdauer.“ Im August 2015 wird es die BPA-freien Tritanflaschen für unterwegs und die Glaskaraffen für Büro & Zuhause endlich zu kaufen geben.
Nachhaltige Wasserquellen für äthiopische Farmer
Wie sehr Wasser über die Lebensqualität einer ganzen Region entscheidet, erlebt Mathilde Richelet von
Roots Up jeden Tag in Nord-Äthiopien. Viele Landwirte bewässern hier ausschließlich mit Regenwasser – doch die Regenzeit dauert nur drei Monate. Die Ernte bleibt klein, die Bodenerosion schreitet voran. Roots Up suchte deshalb nach einer nachhaltigen Wasserquelle für die Familienbetriebe.
Mitgründer Bassel Jouni entwickelte die Idee, Wassergewinnung und Anbau miteinander zu kombinieren. Das funktioniert mittels eines Gewächshauses, das Wasser aus Tau und Regen sammelt. Im Gewächshaus werden landwirtschaftliche Familienbetriebe der Umgebung in wassersparenden Methoden wie Kompostierung und Mulchen geschult, mit deren Hilfe Feuchtigkeit im Boden gehalten werden und der Wasserbedarf verringert werden kann.
Roots Up setzte bei der Finanzierung wie nuapua auf Crowdfunding. „Als junge Nonprofit-Struktur sind wir bei den meisten Förderinstitutionen von vornherein durchs Raster gefallen“, berichtet Mathilde Richelet. Zudem biete sich mit der Schwarmfinanzierung die Möglichkeit, Öffentlichkeit zu schaffen und sich zu vernetzen. Im Anschluss könne man zudem leichter öffentliche Geldquellen, Sponsoren oder Preisgelder erreichen, um das Projekt größer aufzuziehen.
Derzeit entwickelt Roots Up eine pädagogische App für Smartphones. Das Spiel soll auf unterhaltsame Art Wissen über Begleitpflanzung, Ernährung und nützliche Insekten vermitteln. „Wenn die App gut läuft, können wir damit wiederum unsere Projekte für die Kleinbauern im äthiopischen Hochland unterstützen“, so Richelet.
Wassergeschäfte lernen
Wie man mit dem Thema Wasser Geld verdienen kann, lässt sich bei
CEWAS aus der Schweiz lernen. Das Nonprofit-Unternehmen will mit seinem sechsmonatigen
Start-up Programm Menschen mit Unternehmergeist ertüchtigen, Wasser erfolgreich als Geschäftsfeld zu nutzen.
Die Nachfrage ist hoch: In diesem Jahr haben sich doppelt so viele Unternehmen angemeldet wie im Vorjahr. Das Konzept, konsequente Arbeit am Geschäftsmodell mit Coaching durch Experten aus dem Wasserbereich zu kombinieren, geht auf. Dorothee Spuhler von CEWAS: „Von den 18 Start-Ups, die wir in den letzten drei Jahren begleiteten, sind 17 immer noch aktiv.“
Dass auch das „Wasserschloss“ Schweiz sich mit dem Thema Wasser auseinandersetzt, hat gute Gründe, sagt Dorothee Spuhler. Schon heute litten viele Regionen der Erde unter Wasserstress. Die Lebensbedingungen der betroffenen Bevölkerung würden dadurch entscheidend verschlechtert.
„Wir merken auch in der Schweiz, dass der Import von Lebensmitteln nicht mehr in vollem Umfang gesichert ist. Langfristig betrifft uns die Wasserfrage ganz konkret.“ Die Privatwirtschaft müsse hier mit den staatlichen Strukturen Hand in Hand arbeiten.
Die Herausforderungen seien in der Schweiz ähnlich wie in Deutschland, so Spuhler. „Der schwierigste Schritt ist oft, erste Aktivitäten vorweisen zu können, um Geldgeber zu überzeugen.“ Deshalb unterstütze CEWAS bei der Akquise und der Implementierung erster Projekte. „Das stärkt nicht nur ihre Kompetenzen, sondern erhöht auch ihre Glaubwürdigkeit gegenüber den Geldgebern.“
Wasser als Geschäftsmodell: Drei Tipps von Matan Beery, Gründer und CEO akvola Technologies
- Auf den Wassermarkt kann man nur mit Referenzen vordringen. Egal ob man schon ein eigenes Produkt vor Augen hat: Pilotversuche starten!
- Investoren im Bereich Cleantech wollen Beweise, dass der Markt die Innovation annimmt. In Gründerphase Starthilfe für Hardware suchen (Förderprogramme)!
- Laien lassen sich vom Thema Wasser leicht begeistern, für Experten zählen nur Fachwissen und Kosten. Einsparungen verkaufen!